Insel der Götter – und Abzocker

Nach nun einer Woche auf Bali und kurz vor der Weiterreise nach Malaysia heute Nachmittag ist es wohl an der Zeit, dass ich mich noch mal melde J Ich hatte es schwer mit Bali und bin noch nicht ganz sicher, warum. Sicherlich teilweise wegen der EXTREMST nervigen Verkäufer, die einen keinen Schritt machen lassen, ohne einem geschnitzte Elefanten, Sarongs und irgendwelche Medaillons buchstäblich ins Gesicht halten, die einen anfassen und zu ihrem Stand zerren, um dann wahnwitzige Preise zu verlangen. Klar, es soll gehandelt werden, aber wenn der Startpreis gleich fünfmal höher ist, als für das gleiche Objekt auf Java, verliert man die Lust. Eine Taktik, die bei mir nicht wirklich zieht, was ich für beide Seiten als schade empfunden habe.

Per Fähre waren wir von Banjuwangi auf Java übergesetzt und nach ca. anderthalb oder zwei Stunden Fahrt entlang der Nordküste Balis hatten wir unser erstes Ziel erreicht: Lovina Beach. Dort waren wir für drei Nächte. Der Ort ist eigentlich eine Aneinanderreihung verschiedener Orte, die irgendwann mal “Lovina Beach” getauft wurde. Viel Strand ist nicht, ein vielleicht 7 m breiter Streifen, auf dem zumeist die traditionellen Fischerboote liegen. Unser Hotel war gut, aber außerhalb, so dass ich am ersten Tag mit einer Mitreisenden den Weg zum Zentrum entlang des Strands suchte. Das gab Einblick in das gemeine balinesische Dorfleben, da nicht überall Hochklasse-Hotels am Strand sind und selbst wenn, sie diesen nicht zum Privatstrand machen dürfen. Eine Superregelung. Jede zweite Frau unterwegs bot mir an, meine Wäsche (die ich in einer Tüte dabei hatte) für mich zu machen – aber irgendwie wollte ich doch einen “Laden”, den ich auch wiederfinden würde… Das Zentrum selbst ist eine Anhäufung von Souvenirshops, Restaurants und Internet-Cafés, und natürlich wahren Heerscharen an Verkäufern. Nirgendwo habe ich bisher erlebt, dass kleine Kinder (teilweise schätzungsweise 4 Jahre alt) sich als Verkäufer betätigten. Bali soll aufgrund des Tourismus die deutlich wohlhabender Insel als Java sein… erstaunlich. Ist es eine Frage von Stolz, ob ich meine Kinder als quasi-Bettler einsetze? Nichts anderes ist es, denn was soll ich mit den dämlichen Muschelkettchen?

Am zweiten Tag besuchten wir ein buddhistisches Kloster nahe Lovina – wirklich ein Ort der Stille, der zum Verweilen einlud. Eine sehr gepflegte Anlage über viele verschiedene “Etagen” in einen Hang bzw. auf einen Berg gebaut, die (zumindest, als wir dort waren) nicht von Horden an Touristen überlaufen war. Dort kam dann auch geplantermaßen mein frisch erstandener Sarong zu seinem ersten Einsatz, da ich in Bermudas unterwegs war.

“In” ist in Lovina das Dolphin Watching, für das man allerdings bereits um 6 Uhr Gewehr bei Fuß an den Fischerbooten zu stehen hat. So entschied ich mich, das erstmal von Mitreisenden testen zu lassen, die sehr enttäuscht heimkehrten und meinten, es sei die Jagd einer Armada von mindestens 50 Booten auf ein paar wenige Delfine gewesen, von denen sie die eine oder andere Rückenflosse zu sehen bekamen. Also sparte ich mir das.

Der Hinduismus ist überall präsent – an jeder Ecke stehen kleine Opferschalen mit Blüten, Reis und evtl. einem Räucherstäbchen. Allem und jedem wird geopfert, so auch dem Gott des Pools in der Hotelanlage oder dem Gott des Bordsteins (auf dass niemand stolpern soll?? Bei den unebenen Gehsteigen, die zudem voller Löcher Richtung Kanalisation sind, ist das wohl auch nötig – und trotzdem kam es zu einigen Zwischenfällen…). Auf dem Armaturenbrett eines jeden Taxis steht ein frischer Opferkorb, so dass ich mich schon fragte, ob man am besten in eins einsteigt, das einen möglichst kleinen hat, da der Fahrer offenbar nicht allzu sehr auf die Hilfe der Götter angewiesen ist…?). Jedes Haus hat einen Tempel, wobei es offenbar nach dem Motto geht: je ärmlicher das Haus, umso großartiger (in Relation) der Tempel… für mich nicht nachvollziehbar, wenn gleichzeitig spindeldürre Kinder betteln gehen.

Von Lovina ging es dann vorbei am Vulkan Batur und dem gleichnamigen See im Nordosten der Insel (leider in Nebel und Regen, deswegen wirklich nur “vorbei”) zu einem Gewürzgarten, dessen Highlight die Herstellung des berühmten Luwak Kaffees ist. Das ist jener, für den die Kaffeebohnen schon mal im Magen einer bestimmten Katzenart vorverdaut werden, bevor sie dann eingesammelt und wie gewohnt geröstet werden. Wie so häufig fragte ich mich, warum irgendwer überhaupt mal auf die Idee kam, in den Hinterlassenschaften von Katzen rumzuwühlen und die Funde dann auch noch als Lebensmittel zu verwerten. Der Kaffe soll einen unnachahmlich würzigen Geschmack haben, mit einer Note von Schokolade und Karamell. Ich habe mich auf den puren Kakao konzentriert, der selbst angerührt mit Wasser eine echte Freude war… ich kann es kaum erwarten, die erstandene Packung dann mal mit Milch zu testen.

Bevor wir unser letztes Ziel der Gruppenreise, Ubud, erreichten, machten wir noch Halt am Pura Besakih, dem “Muttertempel” auf Bali – also dem größten und wichtigsten Tempel Balis. Es ist eine große Anlage bestehend aus mehr als 40 Einzeltempeln, die sich an den Hängen des Gunung Agung Vulkans hochzieht. Der Vulkan selbst gilt als Wohnsitz des Gotts Shiva – und leider war auch er wieder in Nebelschwaden gehüllt. Die Anlage ist beeindruckend, aber ich war geradezu schockiert von den allgegenwärtigen zum Himmel stinkenden Müllbergen, teils verursacht durch die in Massen angeschleppten Opfergaben, teils aber auch durch den “normalen Müll”, der ÜBERALL herumlag. An Müll sollte man sich zu diesem Zeitpunkt der Reise wohl gewöhnt haben, aber es geht mir irgendwie nicht in den Kopf, dass man einen derart heiligen Platz nicht entsprechend sauber hält… er ist doch offenbar allen sehr wichtig. Vielleicht ist das sehr deutsch, aber ich habe auch noch nirgendwo so viele Ratten gesehen wie auf Bali, inkl. im Gebälk von Restaurants. Da lobe ich mir den riesigen “monitor lizard”, der in Lovina im Restaurant majestätisch auf dem Dach der kleinen Toilette erschien, sich umsah, den charakteristischen “zisselnden” Zungenschlag vorführte und sich dann gemächlich in sein “home” zwischen der Toiletten- und der Hauswand machte. In Sachen Tiere könnte auch zu meiner Bali-Abneigung beitragen, dass die Insel voll ist von räudigen Straßenkötern, wahrscheinlich einer pro Einwohner (= ca. 4 Millionen).

Ubud gefällt mir gut mit seinen vielen Kunstgalerien und Künstlerwerkstätten und könnte mich glatt noch mal bewegen, wieder nach Bali zu kommen – schon allein, um in den labyrinthartigen Markthallen voller Leben mal tagelang zu handeln, denn dort hat das echt Spaß gebracht. Man kann gut essen, Museen und Tanzaufführungen besuchen… oder auch den Affenwald aufsuchen, was ich mir allerdings geschenkt habe, nachdem ich las, dass einigen Besuchern die Brille entführt wurde. Das wäre ein nicht tragbares Risiko. Einziges Manko: Ubud liegt im Inland, also ist hier kein Strandleben angesagt. Dafür aber ein wunderbarer fünfstündiger Spaziergang durch die Reisfelder, für den sich etwa die Hälfte unserer Gruppe erwärmen konnte. (Sollte jemand Interesse an dieser Tour haben: ich habe die Nummer des Guides…)

Am zweiten Tag ging es zu einem hinduistischen Felsenrelief in der Nähe und von dort über Stock und Stein zur Elefantenhöhle, einem in den Berg gehauenen kleinen, unspektakulären Tempel, der aber insgesamt in einer wunderschönen Anlage im Wald liegt. Im eigenen Saft stehend verzichtete ich auf den Besuch der Königsgräber am Nachmittag und zog eine kurze Siesta und Dusche vor, bevor wir uns aufmachten nach Downtown Ubud.

Ich denke, wer in Bali Urlaub machen will, sollte explizit wegen der kulturellen Highlights kommen und weniger wegen der Strände – die kann man genauso gut (besser?), viel näher und deswegen auch deutlich billiger, in der Türkei haben. Ich habe für mich so ein Gefühl, dass Java mich wiedersehen wird… selbst organisiert und mit längeren Aufenthalten an ausgewählten Standorten.

Gleich geht’s auf nach Malaysia – wo ich heute Abend im Hotel dann auf meine langjährige Brieffreundin aus Myanmar treffen werde… die Spannung steigt.

Viele Grüße
Barbara

Mystische Vulkanlandschaft

Von Jogja ging es in einer langen Tagestour nach Batu in Ostjava – wir saßen wirklich fast den ganzen Tag im Bus und sahen mit Zuckerrohr- und Apfelplantagen leicht veränderte Landschaften an uns vorüberziehen. In Batu selbst gibt es nichts außergewöhnliches zu erleben außer den ersten Blicken auf die Vulkane des Bromo-Tengger-Massivs… wenn es denn nicht neblig ist, doch leider war es das. Aber es war eh nur als Ausgangspunkt für den Folgetag gedacht.

Weiter ging es nach Sukapura, wo wir unseren Bus ein weiteres Mal verlassen und in kleinere Vans umsteigen mussten, die uns auf ca. 2.200m Höhe und in Laufdistanz zur Tengger-Kaldera und den Vulkan Bromo brachten. Dort sollten wir im Café Lava Hostel nächtigen und dass wir nicht mehr auf Meeresniveau waren, merkte ich schon beim “Aufstieg” über 50 Stufen von meiner Hütte zur Rezeption – die ich nur mit 3 Pausen bewältigen konnte. Es ist halt weiter nichts mit mir und der Höhe.

Des Nachmittags machten wir uns trotz Nebels und Regen auf in die Tengger-Kaldera – es hatte etwas sehr mystisches im Nebel eigentlich gar nichts zu sehen außer den nächsten vielleicht 20m schwarzen, mit einer Art Wollgras bestandenen Sands. Doch langsam verzog sich der Nebel, der Rand der Kaldera wurde erkennbar und immer mehr auch die in dieser Kaldera stehenden Vulkane Batok (noch komplett sozusagen) und Bromo, dessen Spitze bei einem oder mehreren Ausbrüchen weggesprengt wurde. Dieser ist touristisch voll erschlossen: man kann Treppenstufen zu seinem Kraterrand erklimmen und dort den Göttern opfern, indem man einen Strauß Trockenblumen in die brodelnde Masse wirft, die man unter dem schwefligen Dampf, der von ihr aufsteigt, nur hören kann. Die beliebte Online-Enzyklopädie berichtet außerdem folgendes:

Nach einer Geschichte hat am Ende des 15. Jahrhunderts die Prinzessin Roto Anteng des Majapahit-Imperiums zusammen mit ihrem Ehemann Joko Seger ein eigenes Fürstentum gegründet. Sie nannten es Tengger nach den Endsilben ihrer Namen. Das Fürstentum florierte, aber dem herrschenden Paar war es nicht möglich Nachkommen zu zeugen. So kletterten sie in ihrer Verzweiflung auf den Bromo und beteten zu den Göttern, sie mögen ihnen beistehen. Diese versprachen ihnen zu helfen, unter der Bedingung, ihr letztgeborenes Kind den Göttern zu opfern. Die beiden hatten 24 Kinder und als das 25. und letzte Kind Kesuma geboren wurde, weigerte sich Roro Anteng ihr Kind wie versprochen zu opfern. Die Götter drohten mit Feuer und Schwefel, bis sie schließlich das Kind doch opferte. Nachdem es in den Krater geworfen wurde, befahl die Stimme des Kindes den Einheimischen, jährlich eine Feier am Vulkan abzuhalten. Dieses Kassada genannte Fest wird auch heute noch abgehalten. Sie besteht hauptsächlich aus einer nächtlichen Prozession zum Gipfel, wo dann Tiere, Früchte und Reis geopfert werden.

Dann ging es früh ins Bett, denn um 3:30 Uhr des Folgetages sollten wir geweckt werden, um zum Sonnenaufgang auf einer Aussichtsplattform zu sein, von der man die gesamte Vulkanlandschaft inkl. des Semeru in wunderbarem Licht würde sehen können. Leider nicht in Nebel und Regen. Zwar lichtete sich der Nebel kurzzeitig wenigstens etwas, so dass wir Bromo und Batok von oben betrachten konnten, aber es war alles in allem doch sehr enttäuschend – und das nach dem frühen Aufstehen, das in Kombination mit der Höhe mit ziemlich starken Kreislaufproblemen meinerseits einherging. Solche Aktionen werde ich mir in Zukunft sparen. Man kann sich die Dinge auch nachmittags ansehen.

Nach einem Frühstück im “Hostel” ging es auch gleich weiter, wieder runter mit den Mini-Vans durch wahnwitzigen Kohl- und Kartoffelanbau an Berghängen zu unserem eigentlichen Bus, der uns entlang der Nordostküste Javas zum Fährhafen in Banjuwangi und nach der Übersetzung nach Bali bis Lovina Beach bringen sollte. Das hat er auch anstandslos getan und so sind wir wieder auf Meeresniveau bei 35 Grad, in einem tollen Hotel mit noch tollerem Pool 🙂 Der Strand ist mau, aber egal. Eine der Mitreisenden und ich haben uns heute fünfeinhalb Stunden auf Entdeckungstour durch den Ort begeben und haben es geschafft, in keine der wirklich ÜBERALL herumstehenden Opfergaben an alle möglichen Götter zu treten. Natürlich hat auch das Hotel einen eigenen Tempel. Bei Maddi habe ich Sarongs eingekauft, eine Wäscherei haben wir aufgetan und dann auch noch Obst gekauft. Da habe ich ja in den vergangenen zwei Wochen schon einiges neues kennengelernt, wie z.B. Durian, die “Stinkefrucht”, die meiner Meinung nach weder besonders stinkt, noch besonders schmeckt, aber deren Genuss mit Alkohol tödlich sein soll… woran das genau liegt, muss ich auch irgendwann noch rausfinden. Oder Rambutan, wohl eine Litschi-Art, in der Größe einer Pflaume, rot und mit “weichen Stacheln”. Auch lecker. Aber das Highlight kam mir heute unter: Mangustinen. Die könnte ich in etwa den Mengen verzehren wie bei uns die Erdbeeren in der entsprechenden Saison. Von vielen kann man auch frisch gepresste Säfte bekommen – da ist die Wassermelone mein Favorit und den Avocado-Saft mit Schokosauce finde ich auch ganz apart. Ist dann aber eher eine Hauptmahlzeit als ein Durstlöscher.

Viele Grüße mal wieder!
Barbara

Die Entdeckung der Langsamkeit

Hier sitze ich nun, mittlerweile in einem wunderschönen Hotel auf Bali (wozu ich aber erst in ein paar Tagen mit mehr Details komme) und könnte weinen vor Glück. Das jedoch weniger wegen der vielen Hindu-Tempel, des schwarzen Sandstrands oder der tot geschlagenen Mücke im Zimmer, als wegen der bloßenTatsache, dass ich diesen Eintrag schreibe. Danach sah es gestern nämlich nicht aus. Ich startete den Rechner und es kam nur ein nicht näher zu identifizierendes, schrilles Geräusch, dann die bitte, mich für ein Boot-Laufwerk zu entscheiden… und ich dachte, “Aha, da ist wohl der Garantiefall eingetreten.” Heute nun kam mir in meinem nie zum Erliegen kommenden Optimismus der Gedanke, “Komm, probier das noch mal – vielleicht hat er den Sprung von Meeresniveau/35° auf 2.500m/10° nur einfach genauso schlecht verkraftet wie du!” Und er will wieder!!

Beim Borobudur hatte ich aufgehört, nun geht es weiter mit dem Osterwochenende in Yogyakarta, kurz Jogja (gesprochen: Dschogg-Dscha). Das würde ich mit bei einem früheren Arbeitgeber gefundenen Freunden verbringen, die seit ca. anderthalb Jahren dort leben und arbeiten. Also Tage mit viel Gequatsche und den Insidern! Noch am Ankunftsabend nahm ich mir die Fortbewegungsart der Indonesier allgemein und bei 37° und Schwüle sehr zu Herzen: schlendern! Ich murmelte das immer wieder wie ein Mantra vor mich hin, wenn ich dann doch wieder ein meinen europäischen Gewaltmarsch verfiel: SCHLEN-DERN! Alles langsamer angehen, entschleunigen – hier fängt das dann schon beim gehen an, da reden wir noch nicht von Handys und e-mails. SCHLENDERN!

Nach einem leckeren Abendessen am Karfreitag in der Nähe meines Hotels waren wir am Ostersamstag für 10:30 Uhr verabredet (LANGSAM anfangen, wir sind im Urlaub und nicht auf der Flucht!), um die Hauptsehenswürdigkeiten der Stadt zu erkunden: den Sultanspalast (Kraton) und die Ruinen des Wasserschloss (Taman Sari). Der Sultan von Jogja ist gleichzeitig auch der Gouverneur, hat also nicht nur repräsentative, sondern tatsächlich politische Aufgaben zu erfüllen (noch, denn man will ja eigentlich den Gouverneur demokratisch wählen – der Sultanstitel jedoch wird vererbt). Und der lebt dort tatsächlich, in einem großen Areal mit Bauwerken in javanischer Architektur mit großen Säulenhallen. Es gibt einen Bau für die Frau(en) und Töchter des Sultans und einen für die Söhne. Der momentane Sultan, Hamengkubuwono X., hat nur eine Frau und fünf Töchter – weswegen die verwaiste Bleibe für Söhne besichtigt werden kann. Alles mit Führung und wir hatten einen Glücksgriff getan mit unserer netten Dame, die mich persönlich in Statur und Auftreten sehr an meine amerikanische “Oma” erinnert hat – für diejenigen, die sie kennen. So lebhaft wurden mir selten Dinge nahegebracht. “Ja, das hier ist wieder ein Foto von Hamengkubuwono VIII., dem Großvater des jetzigen Sultans. Der sieht immer müde aus, oder?? Ist ja auch kein Wunder bei 30 Frauen, oder?? Hi, hi, hi!” Jogja ist ein Zentrum für Batik – leider hauptsächlich in braunen und beigen Tönen, was mir so gar nicht liegt – und im Sultanspalast wurde erläutert, dass zu bestimmten Anlässen bestimmte Muster getragen werden: das eine von der Braut am letzten Abend vor der Hochzeit, dann eins für Jungs, die soeben beschnitten wurden oder für Mädchen nach der ersten Blutung – Intimsphäre ade Hochinteressant. “Und dies hier ist das Muster für Babysitter. Können Sie erkennen, dass unsere Uniformen genauso aussehen?? Das liegt daran, dass wir die Babysitter der Touristen sind, hi, hi, hi!” Nur, dass sie immer “babyshitter” sagte… zu diesem sprachlichen Problem später mehr.

Weiter ging es durch den Vogelmarkt, ein Areal, in dem Vögel aus allen Teilen des Landes zum Verkauf stehen – wie formulierte meine Freundin… “Der Indonesier allgemein hat ein eher eingesperrtes Verhältnis zu Tieren.” Dieser Vogelmarkt jedoch, ein Anziehungspunkt für Touristen und wichtiger noch: ein Wahrzeichen, wird Mitte April dem Erdboden gleich gemacht, um Platz zu schaffen für “moderne Einrichtungen des Tourismus”. Wahrscheinlich ein Alptraum in Beton ohne jeglichen Reiz. Am Rande des Vogelmarkts befindet sich ein Künstlerviertel, wo wir im Water Castle Café diverse frisch gepresste Säfte und Kaffees zu uns nahmen. Der Besitzer sagte, er sehe einer ungewissen Zukunft entgegen, da nicht ganz klar sei, bis wohin der Abriss ginge. Vielleicht habe er dann Ende des Monats kein Café mehr und müsse mit seinen Kunstwerken woanders einen Bleibe finden.

Wahrscheinlich ist das alles Teil eines großen Projekts, im Rahmen dessen das eigentliche Wasserschloss, das direkt daran anschließt, wieder aufgemöbelt und besser vermarktet werden soll. Das Wasserschloss ist von seiner Anlage her ein Lustschloss. Im ersten Innenhof zwei große Pools, der eine gedacht für die Kinder und Frauen des Sultans, der zweite, nahe den Gemächern, für die Konkubinen. Die Regel war wohl wie folgt: der Sultan würde aus einem Fenster über jenem zweiten Pool eine Blume werfen und wer sie fing, war fällig und wurde in den Privatpool und den anhängenden Vergnügungstrakt gebeten – inkl. SAUNABETTEN. Welcher hirnrissige Idiot kommt auf die Idee, in diesem Klima beheizte Betten zu installieren?!

Weiter ging’s zur Shoppingmeile Jalan Malioboro, wobei durch die Osterfeiertage (ja, auch in Indonesien gesetzliche Feiertage) dort derart die Hölle los war, dass es selbst einem Shopping-Freak wie mir schwer fiel, dafür noch Begeisterung aufzubringen. Das jedoch änderte sich schlagartig, als wir ein ganzes Kaufhaus voller Souvenirs betraten – und nicht nur Schrott, auch wirklich künstlerisch wertvolles… und das zu Preisen, die mir auf immer jeden Asia-Stand auf irgendeinem Jahrmarkt vermiest haben. Ich komme noch heute nicht über die Preise…

Nach diesem interessanten Tag dachte ich bei der abendlichen Grillparty unter Expats verschiedener in Jogja ansässiger Hilfsorganisationen auf einer netten Terrasse dann, dass ich vielleicht doch noch mal im Ausland arbeiten sollte – zur Abwechslung mal in einem Land, das nicht total abgewrackt ist und wo einen vielleicht auch mal einer besuchen kommt…

Ostersonntag war nach der Grillparty durch Ausschlafen gekennzeichnet und den nachmittäglichen Besuch in Prambanan, der größten hinduistischen Tempelanlage Indonesiens. Meine Gastgeber schlugen ERNSTHAFT vor, dort mit dem Fahrrad hinzufahren, was ich aber mit Blick auf weiter gestiegene Temperaturen ganz klar ablehnte… Also wurde es ein Taxi, was uns für 20km satte 4 Euro gekostet hat. Doch zurück zum kulturellen Input.

Errichtet um das Jahr 850 wurde die aus 8 Haupt- und mehr als 250 kleineren Tempeln bestehende Anlage aus ungeklärten Gründen schon bald nach der Fertigstellung verlassen und verfiel, bevor sie im 16. Jh. durch ein Erdbeben vollkommen zerstört wurde und in der Folge viele Steine zum Bau von Häusern zweckentfremdet wurden. Die Restaurierungsarbeiten (der Hauptgruppe) begannen 1937; seit 1991 ist sie als Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt. Sehr viel Arbeit macht dabei das Wiederfinden von entführten Steinen – denn nur Tempel, von denen 75% der Originalbausubstanz vorhanden sind, werden restauriert. Durch ein starkes Erdbeben im Mai 2006 wurde die Tempelanlage schwer beschädigt und die daraus resultierenden strukturellen Schäden konnten noch nicht an allen Tempeln beseitigt werden. Und wieder einmal zitiere ich die bekannte Online-Enzyklopädie:

Charakteristisch ist die hohe und spitze Bauform, die typisch für hinduistische Tempel ist, sowie die strenge Anordnung zahlreicher Einzeltempel um das 47m hohe Hauptgebäude in der Mitte.
[…] Die drei größten Schreine, Trisakti (“drei heilige Orte”) genannt, sind den drei Göttern Shiva dem Zerstörer, Vishnu dem Bewahrer und Brahma dem Schöpfer geweiht. Das entspricht der Trimurti – der Hindu-Göttertrinität -, die sich in vielen hinduistischen Tempelanlagen […] wiederfindet.

Im Prambanan waren wir wieder mit einem sehr guten Führer unterwegs, auch wenn man sich sprachlich etwas reinhören musste in sein Englisch (siehe auch “babyshitter”). Anfangs dachte ich, Indonesier können kein “sch” aussprechen – so zum Beispiel wird der Name der Tochter meiner Brieffreundin nicht Aysha ausgesprochen, sondern Ays-ha. Ein zweites “Problem” fand ich im Buchstaben F, der als solcher äußerst selten vorkommt und wenn oft als P ausgesprochen wird (z.B. ist “kopi” eigentlich “coffee” – aber AUCH “copy“). Es ist also nicht stringent – wahrscheinlich so, wie Deutsche manchmal das “th” doch hinkriegen und manchmal eben nicht. Aber so wird die Interpretation von Sätzen wie folgendem sehr vielschichtig. “See wash slim and pitiful woman, like you, yes? Ha, ha, ha!” See wash muss eigentlich she was heißen… slim ist klar (dünn) – aber wieso pitiful (bemitleidenswert)? Dünn fasse ich ja noch als Kompliment auf, aber wieso sollen sowohl Sintha als auch ich bemitleidenswert sein?? Nach etwa dreifacher Wiederholung in anderen Zusammenhängen wurde klar: nix pitifulbeautiful!

In Speisekarten freue ich mich immer wieder über den jus stroberi oder auch es krim. Das jedoch sind einfach englische Worte, die ins indonesische transkribiert und sozusagen vereinnahmt wurden. Das warnet hingegen ist nicht etwa ein Kriegsnetz, sondern die Abkürzung für warung internet: ein Internetladen. Das gibt es auch als wartel. Weiter unklar ist mir die tiefere Bedeutung des Werbeslogans We safety your hunger oder auch, was den Happy Lawang Motor glücklicher macht als andere. Keine offenen Fragen verbleiben allerdings, was es mit dem Michael Jackson Whitening Center auf sich hat. Tatsächlich so gesehen in Jogja.

Nach dem Besuch im Prambanan fanden wir die ultimative Entspannung im Java Garden Spa, wo wir uns eine einstündige Ganzkörpermassage gönnten, Fußbad in Rosenwasser und so einiges andere inklusive. So was sollte bei mir um die Ecke sein… und das ebenfalls für 13 Euro im Angebot haben… Ich wäre da wohl mehrmals wöchentlich 😉

Für den Abend war noch ein Restaurantbesuch vorgesehen, der jedoch unerwartet einem anderen Amüsement zum Opfer fiel: eine Gasflasche hatte Feuer gefangen – was tun? Erstmal mit Wasser draufhalten und kühlen – Zeit gewinnen. Im “Blättchen” von Jogja die 5-stellige Nummer der Feuerwehr finden und anrufen – da ging aber keiner dran. Wer hätte das gedacht… Weiter kühlen. So lange es brennt, die Flasche nicht zu heiß wird und nichts anderes Feuer fängt, ist es ja so schlimm nicht. Barbara an die Internetrecherche setzen, die auch nicht viel mehr erbrachte, als dass das Zeug hoch brennbar und explosiv ist (Ach!) und gekühlt werden soll bis die Feuerwehr kommt – und dass eine Frau in Rheinland-Pfalz eine 5kg brennende Gasflasche aus dem Fenster warf, die NICHT explodierte… Und auf einer Schweizer Seite die Info, dass die allgemeine Feuerwehrnotruf-Nummer in Indonesien 118 ist. Und da ging einer dran. Der uns riet, die Flasche kühl zu halten…

Ja, was bin ich froh, dass dieses kleine Gerät hier wieder läuft und ich euch wieder was erzählen kann 🙂 Trotzdem muss ich nun ins Bett, denn letzte Nacht habe ich so gut wie gar nicht geschlafen… dazu bald, ganz bald, mehr! Denn auch morgen wird dieser Rechner wieder anspringen, ich muss nur ganz fest daran glauben!

Viele Grüße
Barbara

Tempel und Vulkane

Am Karfreitag war das erste Ziel das Dieng-Plateau, ein sumpfiger Kaldera-Komplex nahe Wonosobo. “Dieng” leitet sich her von “Di Hyang”, “Haus der Götter”, und befindet sich auf einer Höhe von ca. 2.000m. Dort oben ist es oft windig, neblig und ziemlich kalt – das aber meist erst nachmittags, weswegen wir uns früh auf den Weg machten. Unser Tourbus würde die engen Serpentinen nicht schaffen, so dass wir in zwei kleinere Vans verfrachtet wurden. Bei bestem Wetter und strahlendem Sonnenschein! Am spektakulärsten war eigentlich nicht das Dieng-Plateau, sondern der Blick auf die umliegenden Vulkane, allen voran der Sidoro, die wir unterwegs in Augenschein nehmen konnten. Es scheint dies landwirtschaftlich die “Kartoffel-Kammer” Javas zu sein. Viele Kartoffeln werden hier ja eigentlich nicht gegessen und sie sind auch vergleichsweise teuer, aber hier sind sie offenbar das Anbauprodukt der Wahl. Es gibt sicher größere Kalderen als das Dieng-Plateau, aber wenn man sich so vorstellt, dass die ursprüngliche Spitze des Vulkans so einfach weggesprengt wurde, ist das schon beeindruckend genug. Das Plateau bot auf jeden Fall genug Platz für – wie man annimmt – bis zu 400 Hindu-Tempel, die hier mal gestanden haben sollen. Acht sind noch übrig und können besichtigt werden. Interessanter war jedoch, dass die Gemeinde den weiter unter der Erdoberfläche befindlichen Dampf zur Stromerzeugung nutzt (der hat einen Druck von 300 bar und treibt Turbinen an, die 60 MW erzeugen, wenn ich die letzte Zahl noch richtig in Erinnerung habe). Der Strom wird an den staatlichen Energieversorger verkauft und so hat man eine gute Einnahmequelle abseits der Landwirtschaft. Dass die Gegend weiter vulkanisch aktiv ist sieht man auch an dem einen oder anderen Schlammsee, den man etwas entfernt begutachten kann – wenn man sich mit dem Schwefelgeruch, der davon aufsteigt, anfreunden kann.

Am Nachmittag stand dann eines der Highlights der ganzen Reise auf dem Programm: der Borobudur. Dabei handelt es sich um eine buddhistische Tempelanlage, die vermutlich zwischen 750 und 850 gebaut wurde. Nur ca. 200-300 Jahre später geriet die Anlage in Vergessenheit – evtl. im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Merapi 1006 und/oder eines Machtwechsels in Java. Erst 1814 wurde sie wiederentdeckt und seit 1991 ist sie auf der Liste der UNESCO Weltkulturerbe.

Die Basis des Baus ist quadratisch, mit einer Seitenlänge von 123 m. Er ist auf einem Hügel errichtet worden und hat die Form einer Stufenpyramide. Man geht nicht hinein (das Innenleben ist massiv – Erde und/oder Stein), sondern erklimmt die neun Stockwerke eines nach dem anderen und geht im Uhrzeigersinn die Umgänge ab. Auf allen vier Seiten gehen Treppenaufgänge hoch. Auf den oberen kreisförmigen Stockwerken (Terrassen) sind 72 mit Gittersteinen aufgebaute Stupas angeordnet, in denen jeweils eine Buddha-Statue sitzt. Was die Bedeutung der Architektur angeht, zitiere ich mal die bekannte Online-Enzyklopädie…

Gemäß der buddhistischen Kosmologie ist das Universum in drei Welten unterteilt: Arupyadhatu, Rupadhatu und Kamadhatu. Kamadhatu, die “unterste” Welt, ist die Welt der Menschen, die “Sinnenwelt”. Rupadhatu ist die Übergangswelt, in der die Menschen von ihrer körperlichen Form und weltlichen Angelegenheiten erlöst werden, die “Feinkörperliche Welt”. Arupyadhatu schließlich, die Welt der Götter, ist die Welt der Perfektion und der Erleuchtung, die “Unkörperliche Welt”.
Die Architektur des Borobudur wurde in Übereinstimmung mit dieser Kosmologie gestaltet. Jeder Teil des Monuments ist einer anderen Welt gewidmet. Das Kamadhatu ist eine große rechteckige Wand außen am Fuß des Monuments. Über dieser Basis erhebt sich das Rupadhatu, das aus vier rechteckigen Terrassen mit Prozessionswegen besteht, die mit zahlreichen Statuen und 1300 szenischen und 1200 figurativen Reliefs dekoriert sind. Darüber erhebt sich das Arupadhatu, bestehend aus drei kreisförmigen Terrassen, in deren Zentrum sich eine große glockenförmige Kuppel erhebt. […]
Die Architektur des Tempels besticht […] durch unglaubliche Präzision und zeugt von immenser menschlicher Arbeit. 55.000 Kubikmeter Steine aus Andesit oder mehr als zwei Millionen Steinblöcke wurden vom Fluss Progo zur Baustätte geschafft.

Soviel zum beeindruckenden Bauwerk. Mir wird der Tag jedoch mehr in Erinnerung bleiben wegen einer neuen Bekanntschaft. Wenn man sein Ticket gekauft hat und sich auf den ein paar hundert Meter weiten Weg zum Bauwerk macht, ist man innerhalb kürzester Zeit von Heerscharen von Souvenirverkäufern umringt. Fächer? Batikkleider? Ein Buch über den Borobudur? Stifte oder T-Shirts mit einem Aufdruck der Tempelanlage? Postkarten? Miniaturen des Bauwerks? Niedliche kleine Elefanten – einfach weil sie so niedlich sind??? Da ist nicht viel mit innerer Ruhe und Erleuchtung, soviel ist klar. Auf dem Hinweg konnte ich noch alle abwimmeln, auf dem Rückweg jedoch wurde es schwieriger – WEIL ich gekauft hatte: Postkarten. Alsbald sprach mich eine Frau an, sie habe die allerwunderschönsten Batikkleider, nur 20 Euro. Ich verkündete, kein wie auch immer geartetes Interesse an einem Batikkleid zu haben. Auch nicht in blau oder rot, einfach kein Interesse an einem Kleid. Sie wich jedoch nicht mehr von meiner Seite und meinte, ich müsse doch Souvenirs besorgen und das wäre das ideale Souvenir für meine Mutter. Mütter lieben diese Kleider. Nein, entgegnete ich, das sei sicher nicht das passende oleh-oleh, denn auch meine Mutter trägt eigentlich keine Kleider. Das war schwer als Wahrheit anzuerkennen – dann würde es doch sicher für meine Großmutter von Interesse sein. Naja, sagte ich, das könne man nun nicht mehr überprüfen, denn die sei verstorben. Oh je! Das tat ihr sehr leid, aber vielleicht interessiere mich das Kleid ja für 200.000 Rupien (etwa 16 Euro). Nein, immer noch nicht. Mittlerweile waren wir schon einige hundert Meter Richtung Ausgang gegangen. Ich wand mich dann einem jungen Mann zu, der Batikkarten verkaufte und wurde handelseinig, woraufhin sie mir auf den Arm tippte und meinte: “He, vergiss mich nicht!” Ich versuchte noch mal klarzustellen, dass sie einfach die falsche Produktpalette habe – Kleider seien es so gar nicht. Oh, oh, oh! Sie habe doch auch T-Shirts und wühlte in ihrer Tasche. Nein, auch an T-Shirts sei ich nicht interessiert, über Karten könnten wir reden, tut mir leid. Sie verschwende ihre kostbare Zeit mit mir, sagte ich, und gab ihr den Rat, es mit anderen Touristen zu versuchen. “Oh, sieh mich an! Mein Name ist Maddalena und ich brauche deine Hilfe. Wie heißt du?” Ich erteilte die gewünschte Auskunft und hob den Smalltalk auf die nächste Ebene, ob sie denn auch direkt aus dem Ort hier käme, ja, ja. Aber wie das denn mit dem Kleid aussähe – sie müsse unbedingt noch was verkaufen, es ginge so nicht weiter. Irgendwer würde doch sicher ein fantastisches Batikkleid aus Java wollen. Für 15 Dollar sei ich dabei (ca. 11 Euro). Und irgendwie dachte ich dann “Ach, scheiß doch der Hund drauf!” und sagte: “10 Dollar!” – “12!” – “Nein, 10!” – “Nicht weniger als 12!” – “Okay, 11.” – “Gut, dann 11.” Also ca. 8 Euro. Von 20 als Startpreis und wahrscheinlich immer noch mindestens 4 Euro zu teuer. Aber sie hatte es geschafft. Ich hätte es nicht für möglich gehalten (denn es ist noch nicht mal schön), aber ich tröste mich damit, dass ich mich wenigstens nicht kampflos geschlagenen gegeben habe 😉 So, wer will jetzt ein Batikkleid?!

Nun denn, abends erreichten wir Yogyakarta, wo ich mit Freunden zusammentraf, die dort seit ca. anderthalb Jahren arbeiten und mit denen ich das Osterwochenende verbringen würde. Doch dazu später mehr!

Viele Grüße
Barbara

Das Snowboard Feeling

Pangandaran. Der Ballermann der Südküste Javas, so kommt es einem vor, nur hat das Wasser Badewannentemperatur und außer uns ist kaum ein Mensch da, denn es ist Nebensaison und auch die Regenzeit ist noch nicht vorbei. Bis jetzt hatten wir immer Schwein: es regnete, und das zum Teil auch heftig, doch zumeist dann, wenn wir eh im Bus saßen oder nachts. Das Glück blieb uns weiter treu.

Anderthalb Tage waren in diesem 2006 von einem kleineren Tsunami heimgesuchten Badeort zu verbringen. Es wurden verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung angeboten – DAS Highlight ist wohl ein Besuch des Green Canyon, der aber letztlich nur schwimmend aufgesucht werden kann… und das ist dann (leider) doch nicht so mein Ding. Die Teilnehmer waren begeistert. Ich hingegen schleppte mich mit einer weiteren Mitreisenden (die zu allem Überfluss auch noch Schwedisch sprach…) auf die “kleine Dschungeltour”. Pangandaran ist eine Halbinsel und am südlichen Ende derselben ist ein letzter Rest Dschungel, anfänglich eher ein Park mit befestigten Wegen – aber darauf blieben wir nicht lange. Graue und schwarze Affen gab es zu beobachten, Wild, allerhand Kleingetier inklusive unter Baumstämmen hervorgeholter Skorpione, und in einer Tropfsteinhöhle ließ sich eine Horde Stachelschweine mit einer Handvoll Erdnüsse davon überzeugen, uns einen Besuch abzustatten. Warum um alles in der Welt bleiben die in einer stockdunklen, nasskalten Höhle hocken?! Ich habe keine Ahnung, wo man sie sonst antreffen würde, aber hier fand ich sie irgendwie fehl am Platz.

Dann ging es querfeldein durch einen hauptsächlich Teak- und Mahagoniwald. Und glaubt es oder nicht, aber was mich am meisten fasziniert hat waren die Blätter. Alte, gammlige, braune, vom Baum gefallene Blätter. Die liegen da so rum, in Massen, können kein Wässerchen trüben und sehen eigentlich aus, wie ein ordinäres Buchenblatt oder so. Nur haben sie DIN A4-Format. Ich kam mir vor wie Nils Holgersson nur ohne Hamster (in dessen Begleitung er ja in der beliebten Zeichentrickserie immer unterwegs ist). Und wenn man dann in der Regenzeit, nach einem Tag und einer Nacht, in der es weitergeregnet hatte, auf eh glitschigem Untergrund zufällig sein ganzes Gewicht auf eines dieser Mega-Blätter setzt, geht man ab wie ein Zäpfchen. Es hatte tatsächlich was von Snowboard, endete nur im Dreck.

Dann gibt es Lichtungen, die eifrig abgeäst werden, wie unser Guide Rudi (“My name is Rudi. You know, like Rudi Völler.”) erklärte. Wir unterhielten uns gerade über Religionsfreiheit und dass es immer wieder Idioten gibt, die ihn dafür verurteilen, dass er Tattoos hat, was man als guter Moslem zu unterlassen hat, als er mitten in meine Antwort rief: “Bullshit!” worauf ich ob der rüden Unterbrechung meiner wohldurchdachten Antwort etwas irritiert parierte: “What?!” Er wiederholte: “BULLSHIT!!” und zeigte auf den Haufen vor uns: auf der Lichtung grasen auch Büffel, die wir aber leider nicht gesehen haben…

War der Vormittag noch schweißtreibender, als die Tage hier eh schon sind, so stand nachmittags eine Tour mit Rikschas, die hier Becaks heißen, auf dem Programm. Es sollte für 3 bis 4 Stunden durch Pangandaran und Umgebung gehen, wo wir sehen sollten, was man aus einer Kokospalme und ihren Früchten alles machen kann, wie krupuk (heißen die bei uns Krabbenkekse?) hergestellt werden, und tempe, ein Art Tofu (nur BESSER), wie die Puppen(-köpfe) für das wayang Theater geschnitzt und dann gespielt werden und vieles mehr. Die einzelnen Stationen waren an sich sehr interessant, aber am besten war einfach, in stinknormale Wohngebiete zu kommen, bei Leuten (die dem zugestimmt hatten) durch den Garten zu schlappen – wo es eben keine Tomaten, Kartoffeln und Petersilie gibt, sondern Kokospalmen, Bananenstauden, Pfefferpflanzen und Kaffee rumstehen… und überall Hühner und Gänse rumlaufen, unzählige Katzen und fast noch mehr Kinder, die uns durch die halbe Stadt begleitet haben. Ich glaube, ein Highlight für einen Bauern verursacht zu haben, indem ich irgendwo darum bitten musste (bzw. die Reisebegleiterin für mich), mal die Toilette benutzen zu dürfen. Wir haben uns rein sprachlich nicht wirklich verstanden, aber viel gelacht.

Sprache. Indonesisch soll auf der umgangssprachlichen Ebene eigentlich ganz einfach sein (rein grammatikalisch) und auch sind die Worte für die deutsche Durchschnittszunge nicht schwer auszusprechen – aber ich finde sie wenig eingängig. Ich habe 48 Stunden gebraucht, um mir “terima kasih” zu merken, Danke. Und wirklich weiter bin ich noch nicht gekommen. Manche Worte sind deutlich dem Niederländischen entlehnt (oder einfach knallhart übernommen) wie “Kantor” oder “Apotek”. Dann gibt es auch “Knalpot”, was ein Auspuff ist. Damit wird an wirklich JEDER Ecke geworben und ich frage mich, warum die Dinger hier so hohe Konjunktur haben. Es scheint nur ein einziges Wort zu geben, dass es aus dem Indonesischen in viele andere Sprachen geschafft hat: “Amok”. Es beschreibt laut unserer Reisebegleiterin in der Originalbedeutung den Punkt, den die Menschen hier erreichen, wenn sie Ewigkeiten die Ruhe und Geduld in Person waren und plötzlich “umkippen”, wenn der letzte Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt. Dann wird es heftig. Dass dieser Punkt kurz bevorsteht merkt man daran, dass sie plötzlich nichts mehr sagen und wenn es dann noch eine Eskalationsstufe weitergeht, geht man mit Fäusten und Steinen und was weiß ich auf alles los, was man kriegen kann.

Nun denn. Nach Pangandaran stand ein Reisetag an, der uns gegen Abend ins unspektakuläre Wonosobo brachte – aber irgendwo muss man ja schlafen! Und es sollte als Basislager dienen für den folgenden Tag… dazu dann später mehr.

An dieser Stelle eine Bitte: Java soll – und hat mit Sicherheit – eine wahnsinnig hohe Bevölkerungsdichte. Könnte mal jemand recherchieren, ob die höher ist als die von Ruanda und wenn ja (und man das irgendwie rauskriegen kann), ob die großen Städte, allen voran Jakarta, den Vergleich hinken lassen? Bitte einen Kommentar zu diesem Eintrag hinterlassen! Tausend Dank…

… und viele Grüße
Barbara

Wenig Hütchen, viel sehenswertes

Als mich um 4:41 der Muezzin weckte, regnete es immer noch in Bandung, aber zur Abfahrt hörte es dann auf und wieder einmal hatten wir einen Tag lang Glück. Wir hatten uns gegen die Schnellstraße und für die landschaftlich schönere Strecke entschieden, auch wenn die Fahrt etwa 2 Stunden länger dauern sollte. Aber man will ja was sehen vom Land. Meinen ersten richtigen Kulturschock in Sachen Gruppenreise habe ich nun auch hinter mir – aber wenigstens kam er nicht aus einer unerwarteten Ecke. Auf die Frage, wie sie denn nach viel Schwärmerei von der letzten Reise nach Vietnam nun Indonesien fände, kam die Antwort: “Des war was gaaaanz anderes, wirklisch. So viel scheener. Da hat man mal so richtisch was erlebt im Verkeeehr. Ein Moped mit fünf Schweinehälften drauf. Stellen Se sisch des e’mol vor. Die Leut hatten da auch halt noch alle diese Hütchen auf, so nett anzusehen. Und viel authentischer, gell?” Hauptsache nett anzusehen und möglichst arm, dann werden die Fotos exotischer. Oder die Feststellung, dass “die hier ja schon viel einfach nur rumsitzen, oder?“, während man gerade aus einem klimatisierten Bus steigt, um mal schnell und ohne zu fragen ein paar Fotos von den unproduktiven Faulenzern zu schießen. Also, mir gefällt es hier, auch wenn ich mich zugegebenermaßen schon gefragt habe, ob Südostasien tatsächlich die richtige Urlaubsregion für mich ist, rein klimatisch. Schwitzen gewinnt hier eine ganz neue Dimension. Aber wie formulierte eine weitere Mitreisende beim Anblick einer der folgenden Panoramen: “Wahrscheinlich können wir froh sein, dass es nicht auch noch blauen Himmel dazu gibt oder wir könnten das gar nicht mehr verkraften!”

An diesem Tag also ging es von Bandung nach Pangandaran, an der Südküste Javas gelegen – einem von zwei “Strandstandorten” im indonesischen Teil meiner Reise (ja, der Sand ist eingetütet!). Aber bis wir soweit kamen, standen ja noch andere Dinge auf dem Programm. Erster Besichtigungspunkt war der Candi Cangkuang, ein See in der Nähe von Garut, voller Lotusblüten bzw. Seerosen (trotz zahlreicher Besuche im Botanischen Garten kann ich die immer noch nicht auseinanderhalten). Dahin gelangt man mit kleinen Pferdekutschen, um dort umzusteigen auf Flöße, die einen zu einer kleinen Insel bringen, auf der ein unspektakulärer hinduistischer Tempel steht. Spektakulär ist die Landschaft und das Drumherum: neben dem Tempel (Größe einer Kapelle) ist das Grab von Arif Mohammed, dem Herrn, der den Islam in die nun zu 100% islamische Gemeinde gebracht hat – beides vereint in einem kleinen Areal. Beides wird gehegt und gepflegt von der Gemeinde. Nicht nur (wenn aber sicher auch), weil es ein kleines Touristenziel ist, sondern weil man ja immer noch gerne hierher kommt und seine hinduistischen Wurzeln aufleben lässt. Kann nicht schaden, bei Shiva um ein wenig Glück anzuhalten. Man nimmt, wo man es kriegen kann.

Einen Fotostopp haben wir hinter Garut eingelegt, um mal eine Reisterrassenlandschaft zu begutachten, die zu den ältesten auf Java gehört. “Leben im Grünen” hat da für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen, auch wenn mir gesagt wurde, dass das auf Bali noch mal eine ganz andere Nummer ist – wir werden sehen. Das mit dem Reis ist so irre wie so vieles andere hier und an anderen Orten: Indonesien produziert nicht genug Reis für die stetig wachsende Bevölkerung und exportiert große Teile des hochwertigen eigenen Reis, so dass (minderwertiger) aus Malaysia importiert wird für den Hunger zuhause. Reis, Reis, Reis… es fängt schon beim Frühstück mit Nasi Goreng an, ist oft mittags Nasi Goreng und abends dann mal Sate-Spieße… mit Reis. Aber mit Kartoffeln hätte ich größere Schwierigkeiten 😉 Und erstaunlicherweise macht mir die Schärfe noch nicht zu schaffen bzw. ich habe es bislang immer noch geschafft, etwas für meine Geschmacksnerven tolerierbares zu finden. Schon mal gebratene Bananen mit Schokosauce und geriebenem Käse probiert?? Kann ich nur wärmstens empfehlen!

Nachmittags stand das Dorf Kampung Naga auf dem Programm, wo die Menschen noch recht ursprünglich leben und das auch beibehalten wollen. Es ist kein Museumsdorf, sondern eine in alten (bewährten) Strukturen verhaftete Dorfgemeinschaft – die proaktiv ihren Lebensstil vorstellt und gerne interessierte Besucher empfängt. Ich denke, es ist eine risikoreiche Taktik: Geld kommt ins Dorf (die über 400 Treppenstufen, die man erst einmal dorthin hinabsteigen muss, sind gerade renoviert worden, so auch das “Dresch-Haus”), aber eben auch alle diese Leute. Einzelne Dorfbewohner sind als Guides abgestellt und geben teils sehr intime Einblicke in das tägliche Leben – da wird das eigene Haus zur Besichtigung zur Verfügung gestellt und es werden die Hochzeitsfotos an der Wand diskutiert. Oder die Vor- und Nachteile des neuen Fußbodens in der Küche. Hier ist alles irgendwie Wasser. Das Dorf ist von Teichen verschiedener Grüße umgeben und als Grenze fließt ein Fluss vorbei. Viele Dinge fand ich sehr praktisch angelegt, wie zum Beispiel den Hühnerstall direkt unter den Häusern: durch eine Klappe im Küchenboden werden die Tiere sowohl gefüttert als auch zum Schlachten gegriffen. Es gibt mir allerdings auch Ideen, wie sich die Vogelgrippe besonders in Asien ausbreiten konnte. Schockiert hat uns glaube ich alle (oder zumindest die noch nicht Südostasien-erfahrenen wie mich), die Tatsache, dass eine Art Badezimmer ohne Dach, also der Klo und eine wie auch immer geartete Vorrichtung zum Waschen, auf Stelzen in einem Teich stand und auch dorthin entwässerte. Das an sich ist ja nicht unbedingt bedenklich. Aber es war ein Fischteich. Es war ein sich ständig wiederholendes Muster. Das wurde in keiner Weise in Frage gestellt und das war vielleicht das erschreckendste… Es gibt keinen Strom und das nicht etwa, weil es zu teuer wäre oder es bei den Mächtigen keinen interessiert, sondern weil man sich dagegen entschieden hat. Die Regierung würde in regelmäßigen Abständen immer mal wieder nachfragen, ob sie nicht doch welchen wollten, aber man sehe darin mehr Nach- als Vorteile. Wo er denn die Autobatterie auflade, mit der er den Fernseher betreibt? Ja, oben im Dorf natürlich, die 400+ Treppenstufen hoch. Da ist von vorneherein klar, dass nicht jeder jeden Mist guckt… und jeder darauf achtet, dass das Ding auch aus ist, denn einer muss ja der nächste Dumme sein, der den Trip macht. Feuer ist ein großes Problem, also Brände. Die Häuser sind aus dünnen geflochtenen Wänden, die Böden meist aus Bambus, selten Teak – das Dach aus Reis…stroh? Das alles brennt wie Zunder und nachts patrouillieren 15 Leute, um mögliche Brände im Frühstadium zu erkennen und flugs zu löschen.

Ich könnte allein über dieses Dorf noch ca. 4 weitere Seiten schreiben, aber lassen wir das! Nun sind wir in Pangandaran und ich hole auf mit den Reiseberichten. Mal sehen, wie lange das halbwegs klappt mit dem Zugang zum Internet.

Viele Grüße
Barbara

Die Südostasien-Erfahrung

Botanischer Garten Bogor

Sie hat begonnen, die erste Erfahrung mit Südostasien, wenn auch mit leichter Verspätung. Als wäre der Flug mit gut 11 Stunden nach Kuala Lumpur (“KL”), der Hauptstadt Malaysias, nicht schon lang genug, saßen wir noch anderthalb Stunden im Flieger am Gate, denn beim Betanken der Maschine war was schiefgegangen und blitzschnell waren wir von Feuerwehrfahrzeugen umzingelt. Aber man bekam das Problem in den Griff. Und so sahen wir eine CD, viereinhalb Spielfilme und 90 Seiten meiner derzeitigen Lektüre später die unzähligen Containerschiffe zwischen KL und Sumatra, sowie Palmenhaine bis ans Ende des Horizonts, bevor wir in noch angenehme 25°C ausstiegen… um 7:35 Uhr morgens. Der Transfer zum Weiterflug war einfach und es passte von der Zeit her noch genau. Nach weiteren zwei Stunden Flug war dann das erste Ziel erreicht: Jakarta. Wie schon in Malaysia war der Willkommensgruß wenig einladend: “Bitte beachten Sie, dass auf den Besitz und den Handel mit Drogen unausweichlich die Todesstrafe steht.”

Wie angekündigt, erwartete uns die Reisebegleiterin mit dem Busfahrer sowie drei weiteren Teilnehmern, die schon ca. 10 Tage Sumatra hinter sich hatten. Die Fahrt zum Hotel überzeugte niemanden, dass Jakarta einen längeren Aufenthalt lohnen könnte… Ein Moloch von einer Stadt, mit der derzeit geschätzt 18 Mio Einwohnern, einer nicht wirklich existierenden Müllabfuhr und architektonisch wenig attraktivem. Ob Jakarta wirklich “grün” wird… ich wage es zu bezweifeln.

Über das Müllproblem hatte ich erst kürzlich einen Artikel gelesen: innerstädtische Müllhalden und dann auch die improvisierten Müllhalden an den Straßenecken, in den Beeten um die wenigen Bäume rum (wo in Deutschland derzeit Krokusse und Narzissen blühen)… Die Entsorgung läuft zum größten Teil über den informellen Sektor, also im Klartext arme Leute, die die Halden durchgehen nach wertvollem zum Weiterverkauf suchen. Es wird wohl überlegt, sie offiziell in ein Müllentsorgungskonzept an dem die Stadt arbeitet, zu integrieren.

Dann aber auch gut organisierte Bushaltestellen mit “Fast Lanes”, die nur von Bussen befahren werden dürfen, die damit die immerwährenden Staus umgehen. An den Bau einer U-Bahn wird wohl gedacht – vielleicht wird es aber auch eine Monorail-Bahn. Irgendwie sehe ich das noch nicht so ganz passieren.

Das erste Todesopfer im Krimi “Jakarta Shadows” von Alan Brayne, den ich gerade lese, verbreitet vor seinem Ableben noch die Meinung, dass es sich bei der indonesischen Hauptstadt um die Achselhöhle Asiens handelt… Aber nun, während sich der Rest der Truppe in die Gegend um den Hafen und die heruntergekommene koloniale Bebauung gab, stand für mich eh der erste Teil in Sachen “individualisierte Gruppenreise” auf dem Programm: ich würde meine langjährige Brieffreundin Felly treffen. Wir kennen uns seit ca. 1992 (genau wissen wir es nicht mehr, nur, dass wir beide noch in der Schule waren). Lange Zeit hatten wir keinen Kontakt mehr, doch dann fand sie mich online in meinem bevorzugten sozialen Netzwerk, dem Gesichtsbuch. Sie ist mittlerweile verheiratet und hat zwei Kinder, so dass ein Familienbesuch anstand. Mit ihrem Mann und der älteren Tochter im Schlepptau holte sie mich ab und wir fuhren zu ihr nach Hause, wo auch noch zwei Schwestern, die Mutter und eine Tante wohnen. Also gleich richtig rein in das indonesische Leben. Den angebotenen Tee nahm ich gerne – er war mit mindestens 4 Löffeln Zucker gesüßt… ich hab’s ja schon gerne süß, aber das hat alles gesprengt. Ich bat dann um ein Glas Wasser, um den Durst irgendwie los zu werden, was mit der Frage “Süßes oder normales?” beantwortet wurde? Verständnislos fragte ich: “Meinst du eine Cola oder so?” und bekam als Antwort “Nein, einfach Zucker ins Wasser!” Okay, hatte ich bislang türkischen Süßkram als den ultimativen Schuhauszieher betrachtet, so ist das nun definitiv getoppt worden. Das ist wohl nichts besonderes in der Familie meiner Brieffreundin, sondern typisch in Indonesien und so was wie ein Statussymbol: siehst du, wir haben’s so dicke, dass wir dir LÖFFELWEISE Zucker in den Tee schütten können. Aus unserem geplanten Trip zur Mall wurde nichts, denn leider war die kleine Tochter krank. Das brachte mich allerdings in den Genuss einer hausgemachten indonesischen Mahlzeit (LECKER, wenn sich auch alle kaputtlachten, wie vorsichtig ich mit der Chili-Erdnusssauce war und trotzdem Schweißausbrüche bekam und mir ständig unhöflicherweise die Nase putzen musste). Zum Tee wurden gereicht, na??? Kann man das ahnen?? Hausgemachte POFFERTJES. Soviel zum Thema niederländischer Einfluss.

Barbara mit Himmawans / Barbara and the Himmawan Family

Aber noch mal zurück zum Thema Mall. Ich hatte meinerseits ja eben jenen Besuch ins alte Stadtviertel vorgeschlagen, auf dem sich meine Reisegruppe nun befand, doch das wurde mehr oder weniger bestimmt abgelehnt mit dem Hinweis darauf, dass jeder Indonesier, der etwas auf sich hält, in die Mall geht. Die allermeisten nur zum Schaufensterbummel in kostenloser Klimaanlage, aber da könnten wir dann eben auch zu Abend essen. Ich wandte noch ein, dass ich mir auch DURCHAUS vorstellen könnte, in einem eher traditionellen Restaurant zu speisen, aber auch das wurde abgebügelt mit dem Hinweis darauf, dass das nicht “in” sei und irgendwann dachte ich dann auch, okay, wenn der momentane (urbane) indonesische Lebensstil das beinhaltet, dann ist es eben so. Auch in meinem Krimi wird darauf Bezug genommen:

Forget the tourist guides. Forget Borobodur and Prambanan. Forget gamelan music, batik shirts and wayang shadow puppets. If you’re looking for the real thing, genuine Jakartan culture as it’s lived today, there’s only one place to head for: the shopping mall.

Mit dem Internet ist das nicht ganz so einfach. In Jakarta dachte ich noch, es sei nicht nötig, sich da gleich Zugang zu verschaffen, aber in Bandung, wo wir am Montag Abend angekommen waren, funktionierte es nicht wegen stundenlanger wolkenbruchartiger Regenfälle und nun in Pangandaran hat das Hotel kein Internet. Also wird es ein Megaeintrag und ich mache da weiter, wo ich aufgehört habe.

Den Katzen werden hier die Schwänze verstümmelt - es soll Glück bringen. Die Frage ist nur, wem?

Von Jakarta ging es weiter nach Bogor, mit 750.000 Einwohnern fast kleinstädtisch anmutend. Wie verlässlich diese Zahlen sind weiß ich nicht… Aber wenn ich Plakate sehe “Sensus 1.-31. mei” und da ein Männchen mit Zettel und Stift drauf ist, vermute ich eine Volkszählung, die dann bald vielleicht sicherere Zahlen liefert. Bogor ist von Bergen umgeben und auf 290 mNN ein Lieferant für Sommerfrische für die Wohlbetuchten. Es liegt 60km südlich von Jakarta und ist Teil der Großregion “Jabotabek”, den so langsam wachsen hier 4 Städte zu einer Metropolregion zusammen. Ich hatte gelesen, dass es als “Regenloch” gilt, aber wir hatten Glück und konnten uns den weltberühmten Botanischen Garten “Kebun Raya Bogor” trockenen Fußes ansehen… zumindest einen Teil davon, denn für das ca. 85 Hektar große Areal braucht man wohl mehr als nur 2 Stunden. Mir fehlte es an blühenden Pflanzen, aber die Baumsammlungen waren schon beeindruckend und Führer Udin rupfte ständig irgendwo was ab um zu demonstrieren, womit sich Kinder welche Spielzeuge basteln.

Udin bastelt eine Puppe

Teepflückerin nahe Puncak Pass

Am Puncak Pass gab es Teeplantagen und die Arbeit der Teepflückerinnen zu begutachten. Die arbeiteten mit interessanten Konstruktionen aus Heckenscheren und Kanistern. Mir fiel dabei auf, dass ich trotz der vielen Teeplantagen in Ruanda noch nie eine betreten hatte und war überrascht, wie groß und hart doch die Teeblätter sind – wie Lorbeer oder so. Das hatte ich mir deutlich filigraner vorgestellt. Das Ziel dieses Tages war Bandung, wo wir gegen 17:30 Uhr ankamen. Um 18 Uhr setzte o.a. wolkenbrauchartiger Regen ein, so dass an einen Stadtbummel durch das “Paris des Ostens” nicht mehr zu denken war. Schirm oder kein Schirm war NICHT die Frage, sondern eher, Gummistiefel oder keine, denn die Straßen hatten sich in reißende Flüsse verwandelt. Willkommen in der Regenzeit. Ich kann also leider weder beurteilen, ob seine “tropische Art-Deco-Architektur” tatsächlich an Miami erinnert, noch, ob dieses Zentrum der Textilindustrie entsprechende Angebote in die Läden bringt. Ein anderes Mal…?

Für heute erstmal viele Grüße
Barbara

Tschuess!!