Insel der Götter – und Abzocker

Nach nun einer Woche auf Bali und kurz vor der Weiterreise nach Malaysia heute Nachmittag ist es wohl an der Zeit, dass ich mich noch mal melde J Ich hatte es schwer mit Bali und bin noch nicht ganz sicher, warum. Sicherlich teilweise wegen der EXTREMST nervigen Verkäufer, die einen keinen Schritt machen lassen, ohne einem geschnitzte Elefanten, Sarongs und irgendwelche Medaillons buchstäblich ins Gesicht halten, die einen anfassen und zu ihrem Stand zerren, um dann wahnwitzige Preise zu verlangen. Klar, es soll gehandelt werden, aber wenn der Startpreis gleich fünfmal höher ist, als für das gleiche Objekt auf Java, verliert man die Lust. Eine Taktik, die bei mir nicht wirklich zieht, was ich für beide Seiten als schade empfunden habe.

Per Fähre waren wir von Banjuwangi auf Java übergesetzt und nach ca. anderthalb oder zwei Stunden Fahrt entlang der Nordküste Balis hatten wir unser erstes Ziel erreicht: Lovina Beach. Dort waren wir für drei Nächte. Der Ort ist eigentlich eine Aneinanderreihung verschiedener Orte, die irgendwann mal “Lovina Beach” getauft wurde. Viel Strand ist nicht, ein vielleicht 7 m breiter Streifen, auf dem zumeist die traditionellen Fischerboote liegen. Unser Hotel war gut, aber außerhalb, so dass ich am ersten Tag mit einer Mitreisenden den Weg zum Zentrum entlang des Strands suchte. Das gab Einblick in das gemeine balinesische Dorfleben, da nicht überall Hochklasse-Hotels am Strand sind und selbst wenn, sie diesen nicht zum Privatstrand machen dürfen. Eine Superregelung. Jede zweite Frau unterwegs bot mir an, meine Wäsche (die ich in einer Tüte dabei hatte) für mich zu machen – aber irgendwie wollte ich doch einen “Laden”, den ich auch wiederfinden würde… Das Zentrum selbst ist eine Anhäufung von Souvenirshops, Restaurants und Internet-Cafés, und natürlich wahren Heerscharen an Verkäufern. Nirgendwo habe ich bisher erlebt, dass kleine Kinder (teilweise schätzungsweise 4 Jahre alt) sich als Verkäufer betätigten. Bali soll aufgrund des Tourismus die deutlich wohlhabender Insel als Java sein… erstaunlich. Ist es eine Frage von Stolz, ob ich meine Kinder als quasi-Bettler einsetze? Nichts anderes ist es, denn was soll ich mit den dämlichen Muschelkettchen?

Am zweiten Tag besuchten wir ein buddhistisches Kloster nahe Lovina – wirklich ein Ort der Stille, der zum Verweilen einlud. Eine sehr gepflegte Anlage über viele verschiedene “Etagen” in einen Hang bzw. auf einen Berg gebaut, die (zumindest, als wir dort waren) nicht von Horden an Touristen überlaufen war. Dort kam dann auch geplantermaßen mein frisch erstandener Sarong zu seinem ersten Einsatz, da ich in Bermudas unterwegs war.

“In” ist in Lovina das Dolphin Watching, für das man allerdings bereits um 6 Uhr Gewehr bei Fuß an den Fischerbooten zu stehen hat. So entschied ich mich, das erstmal von Mitreisenden testen zu lassen, die sehr enttäuscht heimkehrten und meinten, es sei die Jagd einer Armada von mindestens 50 Booten auf ein paar wenige Delfine gewesen, von denen sie die eine oder andere Rückenflosse zu sehen bekamen. Also sparte ich mir das.

Der Hinduismus ist überall präsent – an jeder Ecke stehen kleine Opferschalen mit Blüten, Reis und evtl. einem Räucherstäbchen. Allem und jedem wird geopfert, so auch dem Gott des Pools in der Hotelanlage oder dem Gott des Bordsteins (auf dass niemand stolpern soll?? Bei den unebenen Gehsteigen, die zudem voller Löcher Richtung Kanalisation sind, ist das wohl auch nötig – und trotzdem kam es zu einigen Zwischenfällen…). Auf dem Armaturenbrett eines jeden Taxis steht ein frischer Opferkorb, so dass ich mich schon fragte, ob man am besten in eins einsteigt, das einen möglichst kleinen hat, da der Fahrer offenbar nicht allzu sehr auf die Hilfe der Götter angewiesen ist…?). Jedes Haus hat einen Tempel, wobei es offenbar nach dem Motto geht: je ärmlicher das Haus, umso großartiger (in Relation) der Tempel… für mich nicht nachvollziehbar, wenn gleichzeitig spindeldürre Kinder betteln gehen.

Von Lovina ging es dann vorbei am Vulkan Batur und dem gleichnamigen See im Nordosten der Insel (leider in Nebel und Regen, deswegen wirklich nur “vorbei”) zu einem Gewürzgarten, dessen Highlight die Herstellung des berühmten Luwak Kaffees ist. Das ist jener, für den die Kaffeebohnen schon mal im Magen einer bestimmten Katzenart vorverdaut werden, bevor sie dann eingesammelt und wie gewohnt geröstet werden. Wie so häufig fragte ich mich, warum irgendwer überhaupt mal auf die Idee kam, in den Hinterlassenschaften von Katzen rumzuwühlen und die Funde dann auch noch als Lebensmittel zu verwerten. Der Kaffe soll einen unnachahmlich würzigen Geschmack haben, mit einer Note von Schokolade und Karamell. Ich habe mich auf den puren Kakao konzentriert, der selbst angerührt mit Wasser eine echte Freude war… ich kann es kaum erwarten, die erstandene Packung dann mal mit Milch zu testen.

Bevor wir unser letztes Ziel der Gruppenreise, Ubud, erreichten, machten wir noch Halt am Pura Besakih, dem “Muttertempel” auf Bali – also dem größten und wichtigsten Tempel Balis. Es ist eine große Anlage bestehend aus mehr als 40 Einzeltempeln, die sich an den Hängen des Gunung Agung Vulkans hochzieht. Der Vulkan selbst gilt als Wohnsitz des Gotts Shiva – und leider war auch er wieder in Nebelschwaden gehüllt. Die Anlage ist beeindruckend, aber ich war geradezu schockiert von den allgegenwärtigen zum Himmel stinkenden Müllbergen, teils verursacht durch die in Massen angeschleppten Opfergaben, teils aber auch durch den “normalen Müll”, der ÜBERALL herumlag. An Müll sollte man sich zu diesem Zeitpunkt der Reise wohl gewöhnt haben, aber es geht mir irgendwie nicht in den Kopf, dass man einen derart heiligen Platz nicht entsprechend sauber hält… er ist doch offenbar allen sehr wichtig. Vielleicht ist das sehr deutsch, aber ich habe auch noch nirgendwo so viele Ratten gesehen wie auf Bali, inkl. im Gebälk von Restaurants. Da lobe ich mir den riesigen “monitor lizard”, der in Lovina im Restaurant majestätisch auf dem Dach der kleinen Toilette erschien, sich umsah, den charakteristischen “zisselnden” Zungenschlag vorführte und sich dann gemächlich in sein “home” zwischen der Toiletten- und der Hauswand machte. In Sachen Tiere könnte auch zu meiner Bali-Abneigung beitragen, dass die Insel voll ist von räudigen Straßenkötern, wahrscheinlich einer pro Einwohner (= ca. 4 Millionen).

Ubud gefällt mir gut mit seinen vielen Kunstgalerien und Künstlerwerkstätten und könnte mich glatt noch mal bewegen, wieder nach Bali zu kommen – schon allein, um in den labyrinthartigen Markthallen voller Leben mal tagelang zu handeln, denn dort hat das echt Spaß gebracht. Man kann gut essen, Museen und Tanzaufführungen besuchen… oder auch den Affenwald aufsuchen, was ich mir allerdings geschenkt habe, nachdem ich las, dass einigen Besuchern die Brille entführt wurde. Das wäre ein nicht tragbares Risiko. Einziges Manko: Ubud liegt im Inland, also ist hier kein Strandleben angesagt. Dafür aber ein wunderbarer fünfstündiger Spaziergang durch die Reisfelder, für den sich etwa die Hälfte unserer Gruppe erwärmen konnte. (Sollte jemand Interesse an dieser Tour haben: ich habe die Nummer des Guides…)

Am zweiten Tag ging es zu einem hinduistischen Felsenrelief in der Nähe und von dort über Stock und Stein zur Elefantenhöhle, einem in den Berg gehauenen kleinen, unspektakulären Tempel, der aber insgesamt in einer wunderschönen Anlage im Wald liegt. Im eigenen Saft stehend verzichtete ich auf den Besuch der Königsgräber am Nachmittag und zog eine kurze Siesta und Dusche vor, bevor wir uns aufmachten nach Downtown Ubud.

Ich denke, wer in Bali Urlaub machen will, sollte explizit wegen der kulturellen Highlights kommen und weniger wegen der Strände – die kann man genauso gut (besser?), viel näher und deswegen auch deutlich billiger, in der Türkei haben. Ich habe für mich so ein Gefühl, dass Java mich wiedersehen wird… selbst organisiert und mit längeren Aufenthalten an ausgewählten Standorten.

Gleich geht’s auf nach Malaysia – wo ich heute Abend im Hotel dann auf meine langjährige Brieffreundin aus Myanmar treffen werde… die Spannung steigt.

Viele Grüße
Barbara

Tag 6

Schlaf käme ganz gut… aber ich war einfach viel zu spät zuhause, um noch ein Schläfchen einzuschieben… genauer gesagt lief bereits die Abfahrt der Super-Kombination der Damen… Das war mit abgemildertem Zielsprung doch schon deutlich besser anzusehen als das Festival der Stürze gestern. Und Maria Riesch liegt gut… es läuft gerade der dazugehörige Slalom… Anja Paersson ist unten und liegt in Führung, nur noch sechs weitere Läuferinnen kommen, nun zuerst die Deutsche Gina Stechert – und da ist sie raus. Sch…ade. So, und nun ist die Entscheidung gefallen, da musste ich aber mal kurz innehalten – und fokussiert rumschreien! Gold für Maria Riesch!!!! Silber geht an die USA, an Julia Mancuso aus dem „Heer der Namenlosen“, wie der Kommentator meiner Meinung nach nicht ganz passend formulierte, und vor der gestern so schwer gestürzten Anja Paersson! Lindsay Vonn ist spektakulär ausgeschieden und nach all dem blöden Theater im Vorlauf zum ersten Wettbewerb tut es mir leid, aber es hat mich gefreut. Das wäre mir bis vor einer Woche nicht passiert…

Haaaach. Und dann war da die Biathlon Einzelentscheidung bei den Damen. Die Deutschen haben es nicht aufs Treppchen geschafft… einer zuviel daneben bei Andrea Henkel und Kati Wilhelm… Schöner Sieg für Tora Berger aus Norwegen, vor einer mir gänzlich unbekannten Kasachin und Darya Domracheva aus Weißrussland… tja, wenn die auf die richtigen Scheiben zielt und weiß, wann sie das im liegen und wann im stehen tun muss, ist die richtig gut 😉

Es geht weiter, Schlag auf Schlag: nun die Einzelentscheidung im Biathlon bei den Herren – und nun auch weiterhin bei schönstem Wetter! Es ist ja, wie bei den Damen auch, der Wettbewerb, den ich am wenigsten gern sehe… zu schießlastig. Ole Einar Björndalen, der immerwährende Norweger, ist gut ins Rennen gekommen – mal sehen, ob er seinen Ansprüchen dieses Mal gerecht wird. Die Deutschen sind nicht schlecht, aber auch nicht gut genug… Es passieren die kuriosesten Dinge: der Russe Kruglov trifft in drei Schießen alle 15 Scheiben, liegt super im Rennen, und vor dem letzten Schießen geht ihm der Tragegurt am Gewehr kaputt… dann trifft er wieder fünfmal ins Schwarze, hat aber natürlich keine Chance mehr auf die Medaillen, weil er die Waffe in der Hand mit sich rumschleppt und wird trotzdem noch Elfter… So kam es dann zu einem norwegischen Sieg durch Emil Hegle Svendsen – vor seinem Landsmann dem oben erwähnten Ole Einar Björndalen, zeitgleich mit Sergey Novikov aus Weißrussland! Also zweimal Silber und kein Bronze wird verteilt.

Nun habe ich bereits gesehen, dass Anni Friesinger in der 1000m-Entscheidung untergegangen ist… dafür muss ich wohl nicht mehr wach bleiben – Gold an Christine Nesbitt aus Kanada (immer schön, so ein Heimsieg, oder?) vor zwei Niederländerinnen, Annette Gerritsen und Laurine van Riessen

Und damit verabschiede ich mich vorläufig von der Olympiaberichterstattung… ich fahre zum Power-Schnee schippen in die internetminderbemittelte Eifel und bin am Sonntag wieder online 🙂
Barbara

Mummy – CPS 153

Okay, now it’s official: I got hooked… There are tons of firsts that went into this week’s card creation: first square card I ever made, first „baby card“, first-time use of brads… getting there. It made for a relaxing Sunday afternoon!

Supplies
Card: Max Bringmann KG
Paper: BasicGrey lemonade paper pad (green), no-name (pink)
3D image: courtesy of „Kreativ mit Karten“ fall 2009
Brads: no-name
Ribbon: from a box of chocolates (you can tell: I’m into recycling)
Punch: Westcott
Glitter: Stickles (magenta)

Frohes neues!

aus: Boston Globe, 28.12.2009

Unser Eggnog war auch gut und erstaunlich schnell weg; da müssen wir 2010 vielleicht doch mal das Rezept verdoppeln. Aber jetzt ist es halt offiziell: Weihnachten ist vorbei. Ich habe den Baum und das allermeiste andere an Deko heute abgebaut. Gestern Abend habe ich die Kugeln bereits verpackt und die Lichterketten aufgerollt – und mich dann ca. zwei Stunden gefragt, ob ich den Baum wohl wie bisher immer „intakt“ durchs Treppenhaus zur Straße bringen, Knut spielen und ihn nachts um 2 oder 3 Uhr auf die Straße werfen oder tatsächlich die vom Onkel geschenkte neue Stichsäge zum Einsatz bringen soll. Schließlich hatte ich es in einem Gespräch mit einer Großtante jenseits der 80 aus Frankfurt schon angekündigt:

„Barbara, frohe Weihnachten! Was hat denn dir des Christkind gebracht?“
„Frohe Weihnachten! Oh, eine Stichsäge zum Beispiel.“
„A Stichsääsch? Ja, was machst denn du mit a Stichsääsch?“
„Alles mögliche, aber wahrscheinlich zuerst mal im Januar den Weihnachtsbaum klein.“
„Ahja… Ja, ja, des Christkind des weiß halt immer, was man braucht, gell?“

Die Nacht vom 21. auf den 22.12. brachte gegen 1:30 Uhr mit dem letzten von ca. 90 Zimtsternen den größten Triumph der letzten Jahrzehnte. Nach einem immerwährenden Kampf, der schon so lange anhielt, wie ich in Eigenregie Plätzchen gebacken habe, und jedes Jahr mit einem neuen Rezept als Strategie geführt wurde, wurde ein Traum wahr: ich habe Zimtsterne gebacken, die NICHT hart wurden. Und nicht grau aussahen. Und nach Zimt schmeckten. Und in Form blieben. Die einfach PERFEKT waren. Ich vermute, es lag an einem Esslöffel Johannisbeergelee, den das neueste Rezept vorsieht. Damit war klar: es konnte kommen was wolle, Weihnachten würde gut werden. Auch wenn der Schnee pünktlich zu Heiligabend wieder weg war. Aber es wurde mir außerdem klar, warum das Schreiben von Weihnachtskarten mir so wichtig ist. Frank Sinatra ist schuld. Der träumt nicht nur von einer weißen Weihnacht, sondern tut das mit jeder Weihnachtskarte die er schreibt – da kommt also eins zum anderen… („I’m dreaming of a white Christmas, with every Christmas card I write.“)

Ernsthafte Sorgen bereitete mir das im Sommer formulierte “Jahresendziel”, also am Morgen des 31.12.2009 10 kg weniger zu wiegen als zu Beginn meiner Aktion im Juli. Von kalorienreduzierten Plätzchen u.ä. hatte ich ja schon seit langem Abstand genommen, dann kamen die eigentlichen Feiertage… und dann auch noch ein Spieleabend mit Drei-Gänge-Menü… Aber, allen Unkenrufen zum Trotz, hat es dennoch geklappt, es waren 10,5 kg weniger. So kann es also weitergehen, im neuen Jahr. Weitere 10 kg stehen auf dem Plan. ATTACKE!

Dass es langsam noch mal Zeit wurde, einen neuen Blog-Eintrag zu formulieren, wurde spätestens vorgestern morgen im Bus zum Bahnhof klar (ja, bei diesem Wetter lasse ich das Fahrrad stehen und wie sich zeigte, entgeht einem einiges, wenn man nicht hier und da mal Bus fährt). Wahrscheinlich ist es keine allgemeine Charme-Offensive der Stadtwerke, sondern eine engagierte Einzelperson… Der Bus platzte aus allen Nähten und wie immer war die ganz hinten zuletzt eingestiegene Person in der Lichtschranke und es ging nicht weiter, denn die Tür blieb auf. Es kam jedoch kein geranztes „Tür frei machen!“ vom Busfahrer, sondern ein nicht akzentfreies „Guten Morgen! Auch heute kann ich leider nur weiterfahren, wenn die letzte Tür frei ist. Vielen Dank!“ Zack, weg, Tür zu, Bus fährt los. An der übernächsten Haltestelle, wo gewohnt viele Schüler ausstiegen, meldete er sich erneut: „So, hier Beringstraße, wo die Schüler alle aussteigen müssen. Allen, die nun in die Schule dürfen oder auch müssen wünsche ich einen ganz tollen Tag!“ So langsam machte sich auf jedem Gesicht ein Lächeln breit und irgendwie wurde es auch still. „Einmal rechts noch dann sind wir am Bahnhof. Ich wünsche allen, die zur Arbeit gehen, einen angenehmen Tag und wenn noch Schüler dabei sind, viel Spaß in der Schule! Auf Wiedersehen!“ Er kam an, und wie. „Voll korrekt, der Busfahrer, echt Klasse!“ meinte ein plötzlich gar nicht mehr verschlafener 15-jähriger zu seinem Kumpel und ein Mädchen der gleichen Altersgruppe erzählte brühwarm einer Freundin, die aus einem anderen Bus kam, was wir für einen coolen Busfahrer hatten, der einem einen angenehmen Tag wünscht. „Voll krass,“ meinte die Freundin.

Das Postcrossing geht auch weiter. Mittlerweile habe ich 12 Karten erhalten und auf eine Karte, die ich an eine Frau in Auburn, Kalifornien geschrieben habe die Rückfrage, ob wir nicht mal ein paar Briefe austauschen wollen. Mit der Vorwarnung, dass es bei mir schon mal Monate dauert, bis die Antwort kommt, hat sie sich darauf eingelassen und angekündigt, als erste zu schreiben. Dann bin ich ja mal gespannt. Nein, ich habe noch nicht genug zu tun… Ein Herr aus Bahrain hat mich angeschrieben und direkten Postkartenaustausch angefragt – das habe ich abgelehnt, aber Postkarten gegen Sand vorgeschlagen, ich habe nun eine Postkarte geschickt und werde, sollte jemals Sand ankommen, eine weitere Postkarte schicken.

Noch 33 Tage bis Vancouver! 🙂

Bis bald
Barbara

Endlich kalt!

Na, wenigstens halbwegs. Und laut einer großen Tageszeitung wird dem Rheinland eine 75%ige Chance auf eine weiße Weihnacht gegeben. Da kann man ja hoffen!

Bereit für die Invasion der Kaffeeklatschler

Schon der dritte Advent – und wieder geht das alles viel zu schnell vorbei. Ich muss im kommenden Jahr den Advent vielleicht schon auf Anfang November ziehen und dem Kranz 8 Kerzen verpassen. Wäre doch auch vielleicht mal eine Maßnahme? Hier „em Veedel“ gab es am Freitag vor dem zweiten Advent sogar eine Adventsnacht, in der die Geschäfte bis 24 Uhr geöffnet hatten. Eine Erkundungstour gegen 21 Uhr brachte zutage, dass das gar nicht so schlecht anzukommen schien. Die Glühwein-, Waffel- und sonst was Stände hatten allerdings nicht wirklich Konjunktur – das Wetter war wohl einfach zu schlecht. Auf den Wahnsinn des heutigen verkaufsoffenen Sonntags kann ich gut verzichten und habe mich meiner altbekannten Leidenschaft gewidmet: Wintersport. Vom Sofa aus. Biathlon, Bob, Ski Alpin, Skilanglauf… man muss ja in dieser Saison noch besser als sonst wissen, wovon man redet, denn es ist ja wieder soweit: OLYMPIA. 61 Tage noch. Und auch die Curler kommen in Form, jedenfalls die Frauen, die sind Europameister geworden.

Advent hin oder her – man sieht ja trotzdem auch mal fern, wenn man nicht für den Auftritt des Chors probt und trällernd Abendessen zubereitet. Jedenfalls sieht man dann, mit einem gern gesehenen Gast auf der Couch, so eine amerikanische Serie, die man häufiger auf dem Plan hat. Und in dieser Serie war die Frau die Böse, die – und weil sie – seit über 30 Jahren ihr ungeborenes Kind im Bauch trägt. Ja, genau – das war die Aussage. Wir sahen uns nur an und zogen ernsthaft in Erwägung, dann doch in Zukunft andere Kanäle zu wählen, denn schwachsinniger könnte es kaum werden. Aber es war ja so bizarr, dass ich es nicht lassen konnte und begab mich an eine Internetrecherche. Und was denkt man: das gibt es tatsächlich. Das Phänomen ist als „Steinbaby“, „Stone baby“ oder „Lithopedion“ bekannt. Es handelt sich um versteinerte Föten, die, meist im Rahmen einer Bauchdeckenschwangerschaft (gibt’s das? „abdominal pregnancy“?) starben und von einer für den Körper der Frau schützenden Kalkschicht überzogen werden. In 400 Jahren medizinischer Aufzeichnungen sind weniger als 300 Fälle bekannt. Die meisten gibt es in weniger entwickelten Ländern, wo die Frauen es, weil sie beschwerdefrei sind, jahrzehntelang nicht merken… abgesehen von diesem bis zu 7 Pfund schweren irgendwas im Bauch… Eine hatte danach fünf weitere erfolgreiche Schwangerschaften… Das ist schon ziemlich spooky und kein Wunder, dass sich Halloween-Seiten diesem Thema widmen… Aber es gibt echt nichts, das es nicht gibt, oder?!

Ein Update zum Thema „Postcrossing“… Bislang habe ich neun verschickt, von denen vier als angekommen registriert wurden. Und erhalten habe ich auch schon drei: eine von einer auf Klassenfahrt befindlichen Schülerin aus Finnland, eine von einem Postbeamten aus der tschechischen Republik und eine weitere von einer Weihnachtskartenbastlerin aus Malaysia. Es scheinen besonders Finnen an diesem Hobby Gefallen zu finden (speziell mit Blick auf die kleine Grundgesamtheit…). Aus Finnland wurden bereits 643.118 Karten versandt – aus China 107.390. Oder aus Deutschland, vielleicht der bessere Vergleich: 434.253. Ich bin gespannt, wie es weitergeht! „Nicht teilnehmende Länder“ sind fast ausschließlich in Afrika – selbst in Afghanistan gibt es 11 Nutzer. Fiji ist noch nicht vertreten. Die DR Kongo hat einen, aber der hat noch keine Karte verschickt… Ich liebe Statistiken.

Mich aber erinnerte dieses „finnische Interesse“ an IYS, den International Youth Service, mit Sitz in Finnland, der mir ab ca. 1985 sicher an die 30 Brieffreunde in aller Welt vermittelt hat. Habe das eben mal gegoogelt und musste – nicht ganz unerwartet – feststellen, dass die Organisation, die es seit 1952 gab, im Sommer 2008 ihre Dienste für immer eingestellt hat – überrollt vom Internet. Dazu las ich aber einen schönen Blog von jemandem, die auch ein Fan von Brieffreundschaften war und ist… Ach ja…

Aber nun sind noch einige HANDSCHRIFTLICHTE, PAPIERNE Weihnachtsgrüße zu schreiben und ich mache mich besser mal daran…

Happy Advent! 😉
Barbara

Endlich Advent!

aus: Boston Globe, 02.12.2009

Lang, lang ist’s her, seit ich zuletzt gebloggt habe – aber auf vielfache Nachfrage (ernsthaft!) kommt nun mal wieder was … aber ich bin derart in der Kreation von Weihnachtskarten aufgegangen, dass ich, wenn ich „home alone“ war, nicht viel anderes gemacht habe. Und ich könnte auch jetzt noch immer weiter basteln – wo ich auch gerade festgestellt habe, was im nächsten Jahr das Hauptmotiv für die Karten sein wird.

Es freut mich beim täglichen Check des Cartoon-Teils des Boston Globe immer wieder, dass auch Garfield so ein Weihnachtsfanatiker ist. Und wie gerne hätte ich den schon einmal verwendeten Cartoon von Jons Baumkauf noch mal benutzt… aber das wäre ja langweilig. Aber ich kam mir schon so ein bisschen vor wie er („Ich möchte einen großen Weihnachtsbaum!“ – „Sie gefallen mir!“ – „Ich rede von RIESIG!“ – „Reden wir über die Finanzierung!“). Das Bau- und Gartencenter meines Vertrauens hat mich in diesem Jahr schwer enttäuscht. Das, was da rum stand, war eher als Krüppelkiefer zu bezeichnen, denn als Nordmanntanne. Da stand ich dann, bereit zu allem, und nichts ging. Hektisch überlegte ich, wo ich den bloß noch einen Baum würde auftreiben können… und da fielen mir die zahlreichen Busfahrten von vor vielen Jahren ein, als ich noch sozusagen in einem Suburb wohnte und in der Adventszeit immer an diesem privaten Weihnachtsbaumverkauf lang gefahren war. Ich machte mich auf den Weg dorthin und mein Herz sank mit in die Kniekehlen, als ich den spärlich ausgestatteten Vorgarten des Hauses sah. Ich war kurz davor, unverrichteter Dinge wieder umzudrehen, aufzugeben, mich der Enttäuschung hinzugeben – stieg dann aber doch aus und brachte mein Anliegen vor. „Kommen Sie mal mit nach hinten,“ sagte der freundliche Verkäufer und ich dachte „Jeder nur einen Baum!“ Und da hinten tat sich ein riesiges Lager auf, HUNDERTE von Bäumen, einer schöner als der andere. Da kam der Finanzierungsaspekt ins Spiel und ich konnte ihn um 10 Euro runterhandeln bei meiner 3m-Nordmanntanne… Sie hätten auch geliefert – nächstes Jahr mache ich das direkt da, dann miete ich nicht extra ein Auto an… die Bushaltestelle ist direkt vor dem Haus.

Der Santa aus Uganda... könnte auch neues Mitglied bei ZZ Top werden...

Nun steht er also, der Baum, fast schon eine Woche, gehen wir doch rasant auf den zweiten Advent zu. Ich hatte mir zu meiner üblichen „einfache rote Kugeln“-Ausstattung auf den Tipp und mit der Organisation einer Freundin noch ein paar Highlights besorgt – rote Kugeln mit Glitzer! Und ich bin begeistert. Die Elche werden auch immer zahlreicher… auf dem Weihnachtsmarkt gab es im Shop der Kitschigkeiten aus Rothenburg o.d.T. auch welche… und EINER wenigstens musste ja sein. Eine Freundin aus Uganda hat mich darüber hinaus mit zwei weiteren Besonderheiten versorgt.

Der Engel aus Uganda... weiß, blond, elfenhaft wie wir sie kennen... total schön.

Auch die Weihnachtsbäckerei lief schon auf Hochtouren, aber zu den neuen Rezepte, die ich ausprobieren wollte, bin ich noch nicht gekommen. Aber Lebkuchen-Brownies hören sich doch verführerisch an, oder? Oder Orangen-Himbeer-Taler gedippt in Zartbitter-Schokolade? Ja, ich zähle auch noch Punkte, befinde mich aber momentan in einer Konsolidierungsphase 🙂 Vor einigen Wochen hatte ich ja bereits durch einen Selbstversuch leidvoll erfahren müssen, dass „kalorienreduziert“ und „Weihnachten“ zwei nicht miteinander vereinbare Konzepte sind. Das habe ich nun akzeptiert, bin noch bei -12kg und wenn es am Morgen des 31.12. noch -10 sind, dann ist das gesetzte Ziel erreicht. Ab Januar gehe ich dann wieder in die Vollen.

Da gibt man dann also Beträge, die man besser gleich wieder vergisst, für einen Baum aus, für Christbaumkugeln, für Elche, backt aufwändige Leckereien – man gönnt sich ja sonst nichts. Und dann kommt man ins Gespräch mit dem Menschen, dem man an der Unterführung immer die Obdachlosenzeitung abkauft. Kennt ihr die? fifty-fifty. 50% des Preises gehen an den Verkäufer. Und ich kaufe sie mittlerweile nicht mehr nur, um den „Euro“ abzudrücken, sondern weil da wirklich interessante Artikel drinstehen. Da reden wir nun über das Wetter, über das Interview mit Bob Dylan in der neuesten Ausgabe oder dass das Geschäft schlecht geht und ich habe nichts aufbauenderes zu sagen als „Komisch, dabei gab’s doch schon Weihnachtsgeld…“ Und dann frage ich, wie lange er hier denn täglich so rum steht und was dabei rumkommt. Naja, so 8 oder 9 Stunden, wenn’s nicht zu kalt ist oder NUR regnet. Und an guten Tagen verkauft er vielleicht 15 oder 17 Zeitungen – was einen Reingewinn von sage und schreibe 15,30 Euro ausmacht. Leute, kauft von den Zeitungen.

Das hier könnte ein ganz langer Eintrag werden, ein rekordverdächtiger, aber ich beschränke mich auf nur noch einen weiteren Hinweis. Man hat mich mit einer neuen Sucht infiziert. Sie kam ganz harmlos an, aus Kanada, eine kurze Mail mit einem Link und dem Hinweis, dass das sicher was für mich sei. Postcrossing heißt meine neue Sucht. Und für Ex-Brieffreundschaftsabhängige ist das der definitive Rückfall. Es geht um den Austausch von ECHTEN Postkarten, nix virtuelles. PAPIER. HANDSCHRIFT. POSTSTEMPEL. Man meldet sich da also an, nennt seinen Namen, Adresse und Geburtstag, wenn man will noch sein Geschlecht und dann geht’s los. Man kann immer bis zu 5 Postkarten „am laufen“ haben. Vollkommen wahllos werden einem auf Anfrage Adressen von Menschen irgendwo auf diesem Planeten genannt, die gerne eine hätten. Eine Postkarte. Meine ersten fünf Kontakte waren nach Taiwan, Australien, Holland, USA und Spanien. In Taiwan war die Karte nach 5 Tagen angekommen. Heute meldete sich der Spanier. Jede Karte, die als angekommen registriert ist, macht mir wieder eine neue Möglichkeit frei, eine Adresse anzufordern. Taiwan habe ich gegen Russland eingetauscht, Spanien gegen Finnland. Da kann man mehr draus machen oder es dann auch sein lassen. Bekommen habe ich noch keine… Und, der Clou für so (land-)kartenverliebte Menschen wie mich: alle registrierten Karten werden auf einer Weltkarte eingetragen…

So denn, ich muss das nun noch online stellen… Upps, ob ich überhaupt noch weiß, wie das geht?!
Viele Grüße!!
Barbara

Pochende Erfolgsmeldung

Der Zahnarzt hat weiter in meinen Wurzelkanälen gewütet und der Zahn ist, wollen wir mal so sagen: empfindlich und freut sich auf den nächsten Termin am Montag. Nach drei Stunden auf der Couch kann ich mich wieder in die Vertikale begeben. Aber ich fasse mich kurz. In Ermangelung einer Druckerpatrone muss ich leider auf eine beeindruckende Grafik verzichten und lapidar vermelden: drei Wochen Frankreich mit einem fast täglichen Schoko-Croissant PLUS Vanillefüllung, Saucissons bis zum Abwinken und den zumindest in Bordeaux häufigen Besuchen bei diversen Chocolatiers habe ich exakt 800 Gramm zugenommen. HA! Da gehe ich doch voll motiviert in eine neue „ernsthafte“ Runde bei den anonymen Dicken…

Viele Grüße
Barbara

Badminton und Himbeeren

Schon wieder eine Woche um… und wieder ein Abendessen mit einem neuen Kollegen, wieder eine Hochzeit. Déjà-vu? Nicht ganz! Ich konnte mich erfolgreich gegen eine Steakpfanne wehren und stattdessen einen leckeren italienischen Salat essen 😉 Es war allerdings an besagtem Abend auch so heiß, dass ich mich wohl auch mit einer halben Wassermelone zufrieden gegeben hätte.

Die Hochzeit kam mir entgegen: zum ersten Mal kein Buffet, sondern ein 3-Gänge-Menü plus ein Dessert-Buffet mit Hochzeitstorte. Von letzterer mussten auch drei Stücke gegessen werden, denn jede Etage hatte eine andere Geschmacksrichtung – alle aber mit Marzipan überzogen. Ein Gedicht! Mousse au chocolat musste auch sein… man gönnt sich ja sonst nichts. Und – TATAAAAA – trotzdem ein weiteres Kilo abgenommen. Die Kurve ist leider etwas abgeflacht, da Excel automatisch auf 2-kg-Schritte umgeschaltet hat. Es lässt sich sicher auch irgendwo ändern, aber ich habe es nicht finden können.

STANDEs outen sich immer mehr Leute… und meine Blogstatistik finde ich auch interessant: durchgängig Besucher auf der Seite, nicht nur einen oder zwei Tage nach einem Eintrag. Es muss also Menschen geben, die auf Fortschrittsberichte warten. Eine Kollegin meinte heute, dass sie große Motivation daraus schöpft. Sie meinte außerdem, dass es ja nichts schöneres gibt, als dieses Gefühl wie fliegen, wenn es klappt. Wenn man merkt, dass die Dinge auf einmal leichter gehen. Wenn man am oberen Ende der Treppe nicht mehr keucht wie eine Lok. Wenn die Hose flattert, speziell um die Oberschenkel. Wenn die sonst 70-Minuten-Fahrradrunde auf einmal nur noch eine 60-Minuten-Runde ist. ODER aber (und das nahm ekstatische Züge an), wenn man einen Kollegen im Badminton nach drei knapp verlorenen Sätzen (19:21, 19:21, 20:22) dann mit 21:15 schlägt, danach zwar mit 21:10 vor die Hunde geht, aber doch noch kurz vor dem Zusammenbruch atemlos stammeln kann: „Gib… mir noch… ein halbes Jahr… dann hau… ich dich an die Wand… alles nur noch… eine… Frage… der Kondition… alles das…. WART AB.“ Fürs Hirn scheint’s auch zu helfen, denn ich habe außerdem seinen Schwachpunkt ausgemacht…

An der Obst- und Gemüsetheke wird man von alten Damen angesprochen:
Dame: „Haben Sie da gerade Himbeeren in den Korb gelegt?“
Ich: „Äh, ja…?“
Dame: „Da habe ich ein interessantes Buch zu gelesen… wie hieß es doch gleich?? Hm. ‚Krebszellen… Krebszellen mögen keine Himbeeren!’“

Sprach’s und verschwand ohne weitere Worte in der Konfitüren- und Kaffeeabteilung.

Jetzt müssen wir dann sehen, wie sich 5 Tage München ausmachen… Ist dann doch noch eine andere Nummer… Ich komme nicht zu den mittlerweile eingependelten dreimal Sport pro Woche…

Macht’s gut!
Barbara

Der Wilde Westen

Anlässlich des 80. Geburtstags meiner Tante hatten sich meine Eltern überlegt, nach langer Zeit noch mal mit dem Zug zu fahren. Kurz nach dem Krieg war zumindest mein Vater nach eigenen Angaben zuletzt auf Schienen unterwegs – diese Schätzung allerdings erfuhr alsbald eine Korrektur seitens meiner Mutter: „Red’ doch keinen Quatsch! Wir sind doch damals mit den Kindern aus dem Gasteiner Tal nach Salzburg gefahren!“ Selbst das jedoch ist mehr als 20 Jahre her – und ich erinnere mich nicht mehr daran. Das Erlebnis war offenbar weit weniger prägend als der Marionettenspieler vor dem Salzburger Schloss, den ich noch lebendig in Erinnerung habe. Mag aber auch daran liegen, dass es davon ein Foto gibt, vom Zug aber nicht.

Die Entscheidung für den Zug war also gefallen und stand kurz davor, wieder über den Haufen geworfen zu werden, als klar wurde, dass man sich ein Ticket mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Automaten würde kaufen müssen. Kurzerhand entschloss ich mich zur bahnhof_webBegleitung. Während ich zum Besuch in der Eifel meist die Rhein-Ahr-Bahn wähle (kein Umstieg), entschieden sich meine Eltern für die Fahrt nach Köln für den Eifel-Express ab Blankenheim-Wald. Der Name sagt eigentlich schon alles: ein Bahnhof mitten im Nichts und für uns eine halbe Stunde Anfahrt. Seit 1870 gibt es hier eine Bahnstrecke, Teil der Verbindung Köln-Trier. Aber etwas tot scheint es schon. Wäre es nicht erst kurz vor 9 Uhr, leicht neblig und verdammt grün, könnte man sich in den Wilden Westen versetzt fühlen – unruhig blicke ich mich um und warte auf Gary Cooper oder Henry Fonda, bloß nicht in bahnhof_2_web die Schusslinie geraten. Anderswo ist es so beschrieben: (515 m, 69 Einwohner) Der Gemeindeteil liegt reizvoll inmitten ausgedehnter Wälder und Bachauen. Blankenheim-Wald gehörte territorial und kirchlich zu Blankenheimerdorf und teilt von daher dessen Geschichte. Sehenswert sind eine dreiflügelige Hofanlage und ein Wohnhaus aus dem 18. Jh.

Das schieferverkleidete Bahnhofsgebäude sieht nicht wirklich einladend aus, aber ein Blick durch die Glastür bestätigt: da drin ist der Fahrkartenautomat. Wir gehen rein und ich habe mich gerade erklärend durch die ersten beiden Touch-Screen-Level gearbeitet, als sich was rührt und tatsächlich Leben an den Schalter kommt: „Sie können die Karte auch hier kaufen.“ Ein älterer Herr mit deutlich sächsischem Akzent, grauen Locken und interessant sortierten Zahnreihen lächelt uns an und ist wahrscheinlich total froh, mal was zu tun zu bekommen. Er sitzt wie im Spotlight (oder ist es eine Aura?) und irgendwie hat das was ganz bizarres. Wie verzaubert. Als wir uns dann auf den Bahnsteig begeben haben, bin ich mir nicht wirklich sicher, ob er tatsächlich da war und komme mir vor wie Kater Findus in der Begegnung mit dem verrückten Briefträger, der Postkarten bringt, die man hinterher nicht mehr lesen kann und der sich nach einem wirren Gespräch in Luft auflöst. Ich gucke noch mal sicherheitshalber auf das Ticket, aber alles ist einwandfrei.

Mein Onkel, Bruder meines Vaters, ist auch noch dabei und nimmt das alles wie so oft in stoischer Ruhe zur Kenntnis. Wer weiß, wann er zuletzt per Zug unterwegs war? Jedenfalls erinnert man sich während der Wartezeit an einen weiteren Bruder, der zu Beginn seiner beruflichen Karriere am Bahnhof in Jünkerath arbeitete und dort auf die Frage einer älteren Dame, wann denn der letzte Zug nach Köln führe, den legendären Ausspruch „Leev Frau, dat erliwwen mir zwei nitt mie“ prägte. Jünkerath ist weiter am Netz, aber bei vielen anderen hätte er sich dabei wohl zu weit aus dem Fenster gelehnt gehabt, wie man nun weiß.
fahrplan_web
Der Zug fährt ein – einer der ältesten noch in Betrieb stehenden, soviel ist sicher. Er ist gut besetzt und wir machen uns in zwei Doppelsitzen breit. Nach wenigen Minuten schon meint mein Vater, auf seinen Schirm gestützt, dass ihm zu seinem Glück jetzt nur noch ein „Stück“ (Butterbrot) und eine Thermoskanne Kaffee fehle – daran müssen wir nächstes Mal denken. Sein Bruder hält den Blick starr nach draußen gerichtet und scannt die vorbeiziehende Landschaft. Ich befürchte schon, ihm sei schlecht. Ja, man könne doch sogar überlegen, öfter mal mit dem Zug zu fahren, es sei so herrlich entspannend. („Ja“, denke ich, „so lange, bis man wegen eines Böschungsbrands und/oder Personenschadens einen Anschluss verpasst, da es zu „betriebsbedingten“ Verspätungen kommt…“).

Vollends um die Fassung bringt uns dann die Fahrt in einen Tunnel, oder „Tun’nel“ (Betonung auf der letzten Silbe). Mit hochroten Köpfen haben wir Tränen gelacht – bis auf meinen Onkel, der weiter in völliger Ruhe über das Leben und seine bekloppte Verwandtschaft sinniert, wie ich vermute. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die restlichen Mitreisenden fragen, was wir wohl für ein Trupp sind, ganz im Sinne von „Fiehrt en Bauer no Kölle…“ Also, Tun’nel sei ja Französisch, ein Relikt aus der Besatzungszeit. Genau wie mich meine Verwendung der Worte Plümmo und Prummetaat immer zweifelsfrei als westlichsten aller Wessis outen.

In Euskirchen überlasse ich sie ihrem Schicksal, um umzusteigen in einen Zug nach Bonn, der dort wartend am Gleis steht. Und als der Tag zur Neige geht steht fest: bei allen hat alles bestens geklappt – das können wir noch mal machen.