Anuradhapura: Jenseits der Touristen / Off the beaten track

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Nach Anuradhapura kommt man gemeinhin, um sich eine 2.500 Jahre alten Bodhi-Baum anzusehen, oder die über die Stadt verteilten Stupas. Oder die Ruinen eines wahnsinnig ausgedehnten Kloster-Komplexes im Norden der Stadt, in dem zu Hochzeiten bis zu 5.000 Mönche lebten. Allein die 7m lange Steinwanne, das „Reisboot“, zur Speisung der Mönche lässt einen erahnen, wie geschäftig es dort gewesen sein muss. Das wollten wir uns alles ansehen. Und haben wir auch. Aber irgendwie standen wir dabei ein bisschen neben uns, denn es kam alles ganz anders als geplant.

Usually, you go to Anuradhapura to admire a 2,500-year old Bodhi tree or the countless stupas that are all over the city. Or the ruins of an immensely large monastery in the North of the city that housed up to 5,000 monks. In the ruins of the refectory you can still see a 7 meter trough, „the rice rice tub“, that was used to provide meals to the monks and even today gives you an idea of how busy this place must have been. All this we had wanted to see. And so we did. But somehow we were not really with it as things turned out to be different than planned.

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Auch wir haben mit dem Bodhi-Baum und den ihn umgebenden Komplex angefangen. Der Baum ist gewachsen aus einem Ableger dessen, unter dem Buddha im 4. Jahrhundert die Erleuchtung erlangt hatte. Viele, hauptsächlich weiß gekleidete Gläubige kommen mit Blumenopfern und ggf. Gaben für die Mönche. Wir waren rechtzeitig zu einer sog. Puja gekommen, die dreimal am Tag stattfindet und eine halben Stunde dauert. Was wir uns darunter im Detail vorzustellen hatten, wussten wir nicht.

We started out with the Bodhi tree and the compound that it is in as well. The tree is from the actual Bodhi tree under which Buddha reached enlightenment in the 4th century. Many believers, usually dressed in white, come here with flowers to place before the Buddha statues and some also with presents for the monks. We were there right in time for a pooja which is held three times a day. We had no idea what was to be expected.

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So standen wir dann ein bisschen dumm in der Gegend rum, stellten Mutmaßungen darüber an, was genau um uns herum vorging (noch vor Beginn der Puja). Irgendwann sprach ich ein Mädchen neben mir an, ob sie Englisch spräche. Das tat sie – gern und gut! Sie konnte uns alle möglichen Fragen beantworten, ihre Mutter, eine Englischlehrerin, kam auch noch dazu und unser Wissensdurst wurde immer weiter gestillt.

So we were standing around, a little helpless, speculating about what we were actually witnessing (even before the pooja started). At some point I just asked a girl next to me whether she spoke English. She did and very well – and loved to! She answered all kinds of questions that we had and soon her mother, an English teacher, joined us and they did their very best to quench our thirst for knowledge.

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Unterbrochen wurden wir dann abrupt, als die Puja anfing. Ich kann gar nicht mehr sagen, was der Beginn war – eine Glocke, ein Gong, das Einsetzen eines Sprechgesangs… Jedenfalls setzten sich alle hin und waren voll dabei. Als wäre ein Schalter umgelegt. Teilweise wurden nur Verse zitiert, Teile wurden nachgesprochen, anderes hörte sich weniger wie Sprechgesang an, als eine Mini-Predigt – und zwischendrin wurden in den hinteren Reihen auch Windeln gewechselt. Alles war in einer halben Stunde vorbei. Und dann erklärte unsere junge Fremdenführerin, dass sie ja mit der Großfamilie hier seien, auf einer Art Wallfahrt. Das machen sie seit 30 Jahren jedes Jahr ein Mal. Und Teil dieser Wallfahrt sei es, die Mönche zu besuchen und zu beschenken. Ob wir denn nicht mitkommen wollen? So gingen wir dann rüber ins eigentliche Kloster, bewacht von einem Polizeicheckpoint. Der sei aber nicht aus einer aktuellen Bedrohung eingerichtet, sondern mehr als Ehrerbietung für die Mönche. Dass man alles tun will, damit es ihnen gut geht. In einem langgestreckten Raum war die Tafel bereits gedeckt für 15 Mönche, dem gegenüber eine weitere lange Tafel, auf der riesige Schüsseln mit Essen, Kisten mit dicken Umschlägen und weiteren Gaben bereitlagen. (Alle nun folgenden Fotos sind © R. Göhlen).

We were rather suddenly interrupted when the pooja began – I can’t say anymore how it started… with a bell, a gong, a chant… Everybody sat down on the ground and they were with it. Partly there were chants, some of which were answered, some parts sounded less like chants and more like mini sermons – and in between diapers were changed in the back row. It was finished after about 30 minutes. Our young guide went on to explain that they (the extended family) were in Anuradhapura on their annual pilgrimage which had been a family tradition for 30 years. A part of this pilgrimage was to pay their respects to the monks by providing lunch and other things. Would we be interested to join them?So we walked over to the actual monastery which was guarded by a police checkpoint. I wondered whether it was installed due to an actual threat but that was denied. It was se tup there to honor the monks – that everything is done to ensure their well-being. In an oblong room, a long dining table as already set to host 15 monks, facing another table with huge amounts of food, boxes containing thick envelopes and other „presents“. (All pictures that follow are © R. Göhlen).

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Der Hauptmönch (? Terminologie-Probleme hier schon im Deutschen… „Abt“ bezeichnet ja wohl nur einen christlichen Mönch??) nahm am einen Platz am Kopf der Tafel ein und es folgten wieder Gebete und wie mir schien Ratschläge, vielleicht auch dankende Worte… aber wenn man sich anguckt, wie ehrerbietig die älteren Damen vor den jungen Mönchen auf die Knie gehen, weiß ich nicht, ob Dank da angesagt war.

The head monk (? I have problems with terminology in German already…) took his place at the head of the table and there were again prayers and apparently also advice, maybe even a thank you to the family… but when I look at how these elderly ladies kneel in front of the young monks I wonder whether gratitude was an option.

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Neben Essen (buddhistische Mönche dürfen nach dem Mittagessen übrigens den Rest des Tages nichts mehr zu sich nehmen… wahrscheinlich ist es dann mit der Freude auf das Frühstück einfacher, um 4 Uhr aufzustehen) gab es auch Pakete mit Sachen, die man so brauchen kann, wie Rasierklingen, Seife, Nadel und Faden. Dazu ein kleinerer Umschlag mit Bargeld. Sehr traditionell also. Ich wurde aber das Gefühl nicht los, dass einer der ganz jungen Mönche beim Warten auf das Essen ausgiebig sein Handy oder Smartphone im Schoß studiert hat… Und dann gab es noch diese orangen Pakete, mit Mönchsroben und einer Schüssel.

In addition to the food (by the way: Buddhist monks are not allowed to eat for the rest of the day after lunch… that might help when you need to get up at 4am… it could be easier when you look forward to breakfast) anyhow, in addition to the food there were packages with things that are always needed (like razor blades, soap, needles and thread). Then also a smaller envelope with some cash. Very traditional. But I had the impression that one of the younger monks was intently staring down at a cell or smartphone in his lap when they were watiting for lunch… And then there were these orange packages with robes for the monky and a bowl.

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Das Foto oben hätte eigentlich an den Anfang gehört – direkt im Anschluss an die Gebete wurde diese Zeremonie vorgenommen. Das Wasser wurde in die Tasse gegossen, die überlief in den Teller. Wenn wir das richtig verstanden haben, soll das den Überfluss symbolisieren, von dem die Familie den Mönchen abgibt.

The picture above should have been at the start – this ceremony was held rigt after the prayers. The water was poured into the cup which overflowed into the plate. If we understood this correctly it is supposed to symbolize the overabundance which the family shares with the monks. On this – or any other aspect that might have been portrayed incorrectly, I welcome extended comments, Hninn 😉

Die Busse von Neckermann blieben noch nicht mal zur Puja aber jeder hat ein Foto des Bodhi-Baums… ich fühle mich echt priviligiert, dieses Erlebnis gehabt zu haben. Morgen geht’s weiter nach Kandy.

The busses with the tourist groups didn’t even stay for the pooja but they all got their picture of the Bodhi tree… I truly feel privileged to have made this experience. We will move on to Kandy tomorrow.

Barbara

P.S.: (For German speakers only) Und für die deutschsprachigen unter den Lesern noch ein Link zu einer 15-minütigen Doku „Schätze der Welt“ des SWR zu Anuradhapura:

Schätze der Welt – Anuradhapura