Young@Heart


Boston Globe, 09.12.2007

Als hätte jemand einmal kurz mit dem Finger geschnippt, ist nun schon der zweite Advent und ich habe das Gefühl, meine liebste Jahreszeit nähert sich rasant ihrem Ende. Mit dem gestrigen adventlichen Kaffeeklatsch gab es ein weiteres Highlight von Festivitäten „unter’m Baum“ und ich arbeite hart daran, mich davon zu erholen. Gäbe es nicht schon wieder atemberaubenden Wintersport im Fernsehen, läge ich wahrscheinlich noch im Bett!

Am Freitag war ich von leider nur zwei weiteren experimentierfreudigen Menschen ins Kino begleitet worden und Leute: ihr habt einen Wahnsinnsfilm verpasst: Young@Heart


Young at Heart Chor, Foto von Paul Shoul
Young at Heart Chorus, photo by Paul Shoul

Es handelte sich dabei um eine Dokumentation des Senioren-Chors Young at heart aus Northampton in Massachusetts, die sich so ziemlich alle als Klassik-Fans bezeichneten, im Repertoire allerdings ausschließlich abgefahrenste Songs hatten, von Sonic Youth, Coldplay, Bob Dylan und was weiß ich. Seit Freitag habe ich diverse Ohrwürmer, im Moment „Road to Nowhere“ und gestern wachte ich summend auf und wusste noch nicht mal, was ich eigentlich summte… Wer noch die Möglichkeit hat: unbedingt angucken, hier der Trailer als Vorgeschmack – oder guckt euch mal das Video I will survive an. Der Film ist Gott sei Dank im Original mit Untertiteln – wenn man über die Lebendigkeit der alten Herrschaften hinweg synchronisiert hätte… ich mag gar nicht darüber nachdenken.

Derweil sieht man mir den Reibekuchen-Test-Esser offensichtlich an: auf dem Weg zum Kino habe ich den nächsten Stand aufgesucht und war ganz angetan. Geschmacklich vielleicht bislang die besten, aber VIEL zu kross. Somit kommt weiter nichts an den Stand am Sterntor. So stand ich da auf jeden Fall und aß meine Reibekuchen (mit einer großzügigen Portion Apfelmus übrigens) – wie lange kann das dauern? Maximal 10 Minuten, oder? In diesen 10 Minuten wurde ich gleich DREIMAL zu meiner Meinung befragt und einmal um eine Kostprobe gebeten…

Und nun werde ich mal ein paar Geschenkchen verpacken… 🙂
Barbara

Nikolaus!!!!


Boston Globe, 04.12.2008

Der Advent schreitet voran, heute ist schon Nikolausabend! Und ich habe die Schuhe noch nicht geputzt! Aber immerhin schon das Schuhfett besorgt für mein Experiment mit Murphys Gesetz… Das war so… Vor einigen Wochen, vielleicht sogar Monaten, habe ich einen Traum von Winterschuh gefunden, ich will es mal als „rustikale Stiefelette“ beschrieben, obwohl sich das gerade wie ein Widerspruch in sich anhört. Ich war sicher fünfmal im großen Schuhladen in der Innenstadt und habe sie immer wieder anprobiert und immer wieder zurückgestellt, denn sie waren geradezu dekadent teuer. Ganz rational bin ich die Sache angegangen: ich HABE ja noch Winterschuhe, die mir auch sehr gut gefallen – also werde ich da einfach die Absätze erneuern lassen und dann sind die für diesen Winter auch noch gut. Gesagt getan. Eine Woche habe ich die alten Schuhe noch getragen, dann brach die Sohle, in der Mitte durch. Selten habe ich mehr geflucht. Natürlich waren die anderen Schuhe nicht mehr da und auch in jedem einzelnen Schuhladen in Bonn nicht mehr aufzutreiben. Aus Verzweiflung gab ich mal den Namen des Herstellers in eine bekannte Suchmaschine ein – und der erste Treffer war ein Online-Shop, den ich eigentlich nur mit Büchern, manchmal noch mit DVDs verbinde. Und da gab’s sie noch! Zum gleichen Preis! In allen Farben und Größen, die es geben könnte… und dann habe ich sie eben doch noch gekauft – und es bislang auch noch nicht bereut.

Sie machen sich sehr gut dieser Tage, besonders bei ausgedehnten Ausflügen auf den Weihnachtsmarkt und ähnliche Anlässe. Man steht auch noch gut, wenn man sich auf der Suche nach dem passenden Likörchen im Essig- und Öl-Laden von Bratapfel- über Pflaumen- hin zu Schokoladenkirschlikör durchdegustiert hat und feststellt, dass man besser mal wieder den nächsten Reibekuchenstand aufsucht, bevor man weiter macht, denn nach 4 Stunden Shopping stimmt die Basis einfach nicht mehr. Und schließlich müssen wir noch fit bleiben und die ca. 430 Rum-Pilze glasieren, wenn wir heimkommen!


Gestern Abend schlug die Zeit der ersten Glühweinschnitten und danach machte ich eine revolutionäre Entdeckung im Internet: Paket-Porto zum Selbstausdrucken, was den nicht zu verachtenden Vorteil hat, dass ich das Paket dann einfach im Tabakladen um die Ecke abgeben kann und nicht in der Hauptpost 45 Minuten in der Schlange, die bis zum Riesenrad am Beethoven geht, stehen muss.

Diese revolutionäre Entdeckung wurde jedoch überschattet von neuen Enthüllungen zur chinesischen Bildungselite. Man hatte sich zur gemeinsamen Bereitung von Lasagne zusammengerauft und das Gespräch kam auf Frauen mit verrückten Doppelnamen und was Doppelnamen überhaupt sollen. Diese Frage stellt sich mir bei so malerischen Beispielen wie Waldhausen-Apfelbaum oder Leutheusser-Schnarrenberger ja auch immer wieder und erfreut stellte ich fest, dass sich das bei deutschen Biathletinnen nicht so entwickelt hat (auch wenn ich mich Minuten fragte, wer Martina Beck und Simone Hauswald sein könnten…). Aber zurück zur sinologischen Sichtweise. Ich holte dann etwas aus von wegen Emanzipation etc. pp. – das man sich halt irgendwann mal gefragt hat, warum es denn immer der Name des Mannes sein muss. In China behält die Frau ihren Namen (wenn sie will) und für die Kinder erübrigt sich doch die Frage: weil die Kinder doch immer fast ausschließlich die DNA des Mannes in sich tragen! Dann sollen sie doch auch den Namen haben… Ich weiß dann immer nie, wo ich anfangen soll…

Auf ins zweite Adventwochenende!
Viele Grüße von Barbara

Neues aus der Weihnachtswahn-Zentrale


Boston Globe, 07.12.2007

Die Adventszeit ist nun wirklich über uns hereingebrochen, was man an solch wunderbaren Dingen wie siebenstündige Wintersportübertragungen auf den öffentlich-rechtlichen Sendern merken kann… Da sieht man nicht nur verschneite Winterlandschaften aus Nordskandinavien und gerät ins Schwärmen und Darüber-Nachdenken, Karneval in Lappland zu verbringen – ich muss allerdings noch klären, wann die Nordische Ski-WM ist. Die findet in Liberec statt, was mich jetzt nicht so reizt… Aber da 2008 ganz ohne Live-Teilnahmen an einem sportlichen Großereignis vorbeigeht, muss man für 2009 wieder konkreter planen. Also, man sieht nicht nur die verschneiten Winterlandschaften mit den beschriebenen Folgen, sondern konnte auch noch zwischen Plätzchen backen, den Baum besiegen und Karten schreiben mit dem einen oder anderen Deutschen jubeln, lernt entfesselt schreiende, Wikinger-gleiche Norweger kennen, und kann sich darüber aufregen, dass die Gundersen-Methode aus der Nordischen Kombination verschwunden ist.


Der Baum – inkl. Elche und ugandische Krippe
The tree – can you make out the theme??

Der Baum ist FAST fertig. Von 150 auf nun 250 Glühbirnchen aufgestockt trage ich zumeist meine Sonnenbrille, wenn ich am Tisch sitze und weihnachtliche Korrespondenz erledige – naja, so ähnlich jedenfalls. Heute war ich noch auf der Suche nach weiteren Kugeln, konnte aber nicht glauben, dass das, was mir in den beiden großen Kaufhäusern am Platz als Glaskugeln im doppelten Sinne verkauft werden sollte, auch wirklich aus Glas waren. Ich muss mal drüber schlafen. Aber auch jetzt sieht er doch schon ganz gut aus, wenn man ihn sich aus der richtigen Perspektive ansieht 🙂 Neben den ganzen Elchen habe ich auch meine kürzlich in Uganda erworbene Krippe im Baum untergebracht – macht sich doch gut, oder?

Auf meiner Suche nach dem besten weihnachtsmarktlichen Reibekuchen bin ich heute glaube ich einen gewaltigen Schritt weitergekommen. Ich habe die kleine, unauffällige Bude am Sterntor ausprobiert. Da war eine ziemlich lange Schlange. Und man kriegt dort auch NUR Reibekuchen (und die nur „mit“ oder „ohne“, in diesem Fall Apfelmus) oder gerade noch eine Bratwurst. Aber letztere gingen nicht gut. Jedem, der neu zur Schlange stieß, rief die Grill-Verantwortliche zu: „Bratwurst?“ Und bekam jedes Mal zur Antwort: „Reibekuchen!“ Es wurde schon ein running gag – irgendwann schlug sie wartenden Kunden vor, doch eine Bratwurst als Vorspeise zu nehmen, was aber nicht aufgegriffen wurde. Die Reibekuchen-Kollegin meinte, die können wahrscheinlich die ganzen Würste abends wieder mit nach Hause nehmen. Aus lauter Verzweiflung aß die Dame vom Grill dann selber eine – ein Werbe-Coup wie mir schien, denn nur wenige Augenblicke später wurde die erste Bratwurst bestellt… Jedenfalls waren die Reibekuchen gut, wenn auch vielleicht einen Hauch zu pfeffrig.


Kreative Weihnachtsbäckerei
Creative Christmas bakery

Gestern kam es zu einem großen Back-Event in meiner Küche, zu dem ich mich kurz entschlossen am letzten Freitag mit einer Plastiktischdecke ausgestattet hatte. Kluger Schachzug. Ich hatte Besuch von einer Kollegin und ihrem 5-jährigen Sohn und wir haben unter Führung des Chef-Bäckers wie die Wilden Teig geknetet, ausgerollt und dann alle möglichen Formen ausgestochen – Sterne, Kleeblätter, Tannen, Herzen, Schaukelpferde, Teddybären und was weiß ich noch… Der kleine Künstler entschied sich dann für lila und grünen Zuckerguss zu den bunten Streuseln. Ich muss sagen: die Dinger schmecken auch noch!

Der Advent lässt sich gut an!
Barbara