Deutsche Sprache – schwere Sprache?

Wer Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache hat oder gerne mehr darüber erfahren würde, sollte meinen Weg gehen: eine Chinesin als Mitbewohnerin nach Poppelsdorf holen. Weil es mir langsam das Hirn zermürbt, muss ich das mal wieder schriftlich festhalten und wenn ich daran denke, dass mir ein zweiwöchiger Französisch-Intensivkurs ins Haus steht, fängt das Kleinhirn schon an zu qualmen…

Vor einigen Wochen schon wurde ich gefragt, wo denn eigentlich der Unterschied sei zwischen „selbst“ und „selber“. Nach einer ersten Abwehrreaktion à la „da habe ich noch nie drüber nachgedacht“ (diese Reaktion erlebe ich nunmehr fast täglich), habe ich Abhilfe geschaffen und das Nachdenken begonnen. Meine Vermutung, dass es sich bei „selbst“ um die hochsprachliche Variante und bei „selber“ um die umgangssprachliche handelt, erwies sich nach Rücksprache mit einem der Grammatik und anderen Aspekten der deutschen Sprache fitteren Menschen als richtig. Eine weitere daraus folgende Erkenntnis: in einem Fall kann „selbst“ nicht durch „selber“ ersetzt werden und zwar, wenn „selbst“ in der Bedeutung von „sogar“ benutzt wird, wie in „Selbst der Zabel hat gedopt.“

Aber diese Frage erweist sich als von der einfacheren Art. Gerade eben kam wieder eine SMS: „Wenn man mir sagt: „machs gut!“. Soll ich „dir auch“ sagen oder „du auch“? Hab immer „dir auch“ gehört!“ Ich texte zurück: „“Du auch.“ „Dir auch“ antwortest du z.B. auf „Viel Spaß!“ Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Telefon klingelte. Oh je, seit Jahren falsch geantwortet und wie man das denn wissen kann… Und das mit „Viel Spaß“ sei ja nur ein Beispiel, wo man denn sonst was sagt?? „Du lieber Gott, soviel Gehirnakrobatik noch nach Feierabend!“ war meine Reaktion… und dann sage ich: „Du musst ganze Sätze machen, dann ist es klar „Ich wünsche dir viel Spaß – Ich dir auch!“ oder, etwas holprig, „Hab (du) eine gute Nacht – Du auch!“ Wie aus der Pistole geschossen kommt dann „Ach so!! Dir ist dann bei Verben mit Dativ und du, wenn es ein normales Substantiv ist – und dich ist ja bei Akkusativ!“ – „Tja, wenn du das sagst, wird das schon stimmen,“ sage ich verwirrt. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen – und noch ist mir keine Ausnahme von der Regel eingefallen: wenn man mit einem Verb im Imperativ (ha!) angesprochen wird, antwortet man mit „Du auch!“. Schlaf gut, träum schön, lauf schnell, iss lecker…

Und: sagt man im Deutschen eigentlich „träum süß“ oder ist das mal wieder so ein zugewanderter Anglizismus… das eingedeutschte „sweet dreams“?? Ich würde nie „träum süß“ sagen – immer nur „träum schön“ – aber das kann ja auch frühkindliche Prägung sein?? Ja, ja, eine hochanspruchsvolle Mail heute!

Eine Frage, die in ihrer Zweideutigkeit oder was immer es ist besser war, als sie selbst glaubt, stellte meine Mitbewohnerin per SMS vor einigen Tagen: „Hab eine frage! Der X hat mir geschrieben, ihm gehts nicht gut, hat aber mit deutscher Bürokratie zu tun! Ist das eine Krankheit?“ Als Erklärung hörte ich später, dass die Aussage „Mir gehts nicht gut“ nur in Bezug auf (nicht psychische) Krankheiten gelernt wurde. Anderweitig hervorgerufenes Unwohlsein wurde unbewusst ausgeklammert. Ich hätte eigentlich mal fragen sollen, wie sie es denn in einem solchen Fall anders ausgedrückt hätte.

Ein andermal steht man leise in sich hineinfluchend in der Küchenschürze und mit Schweiß auf der Stirn an der Anrichte und versucht verzweifelt, einen Blaubeer-Pfirsich-Kuchen am Stück vom Boden der Form rutschen zu lassen. Der den Backkünsten allgemein eher abgeneigte Chinese als solcher (da hat kaum ein Privatmann einen Backofen, gibt’s nicht – daher extrem faszinierend, was da alles rauskommen kann) erkennt den Ernst der Lage nicht und fragt mit einem Blick auf meinen rechten Ellenbogen und die Folgen eines Aufeinandertreffens von Fahrrad und Straßenbahnschiene „Oh, was ist das??“ – „Fahrradunfall…hmpf.“ – „Das ist diiiiiik. Wie heißt das?“ – „Mmmmhhh… angeschwollen.“ – „Aber das ist Partizip! Wie ist der Infinitiv?“ – „*stöhn* Können wir das SPÄTER ausdiskutieren??? Der Kuchen geht kaputt!“ – „Oh. Entschuldigung. Ist doch egal. Schmeckt auch kaputt.“ Und die Aussage ist so auch nicht falsch…

Deutsche Sprache – schwere Sprache!
So, jetzt kann ich entlastet ins Bett gehen. Gute Nacht!
Barbara

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